Das war 2023!

Eine Welt voller Krisen. Das wirkt sich aus. Auf die Menschen, die Politik, die Wirtschaft – und damit auch auf die Medien. Es muss überall gespart werden. Und was wollen wir uns in Zukunft für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk leisten?

Um 50 Cent könnte der Rundfunkbeitrag steigen, so lauten erste Gerüchte. ARD und ZDF brauchen mehr Geld, um das Angebot aufrecht zu erhalten. Die Inflation sorgt für steigende Kosten. Ob es aber wirklich dazu kommt, dass der Beitrag steigt, ist offen. Die Politik sträubt sich, dem zuzustimmen.
Aber schon jetzt muss ordentlich gespart werden. Beim ARD-Hörfunk werden Abendprogramme zusammengelegt, Synergien geschaffen.
Das ZDF setzt Serien und Magazine ab, um das Geld für Mediatheken-Produktionen zu haben. Das langjährige Promi-Magazin „Leute heute“ muss beispielsweise dran glauben. Im Ersten werden die Politmagazine immer öfter durch Dokus ersetzt, zum Jahresende wird „Live nach Neun“ eingestellt.
Bei der ARD überlegt man, einen Kanal einzustellen. Ist es one oder ARD-alpha? Zum Jahresende wird die Entscheidung jedoch verschoben. Ein gemeinsames Mantelprogramm für die Dritten wird ebenfalls verworfen.
Von der CDU kommt der Vorschlag, dass die ARD künftig nur noch das Regionale abdecke, das ZDF das Nationale. Ginge es nach vielen Konservativen und Rechtsextremen, würden sie das öffentlich-rechtliche System am liebsten klein zusammendampfen oder ganz einstellen.

Im Nachbarland Polen konnte in den vergangenen Jahren beobachtet werden, wenn Rechtsnationale an der Macht sind. Das öffentlich-rechtliche System wurde durch Personalbesetzungen der Regierenden auf Linie getrimmt. TVP wurde zum Staatsfunk. Jetzt gab es einen Regierungswechsel, und die neue Regierung liquidiert den öffentlich-rechtlichen Rundfunk formell, um ihn danach wieder aufzubauen. Und auch ihm die Freiheit wieder zurückzugeben.

Der Streit um ARD und ZDF in Deutschland wird durch die Situation beim rbb nach dem Skandal 2022 verschärft. Die Intendantenwahl gerät zum Desaster, weil erst diverse Kandidaten abspringen, die Wahl trotz Streitigkeiten und Unklarheiten trotzdem stattfindet und dann mit Ulrike Demmer ausgerechnet eine ehemalige Regierungssprecherin neue Intendantin wird. Alles nicht wirklich optimal.
Am Programm muss massiv gespart werden, es soll im rbb vor allem in den Vorabend und die Primetime investiert werden. Der Rest sendet so vor sich hin. Zum Jahresende gibt der rbb zudem das „ARD-Mittagsmagazin“ ab. Zu teuer. Erst herrscht nach der Entscheidung Ratlosigkeit, dann entscheidet man beim mdr, das Magazin von Berlin nach Leipzig zu holen. Dafür wird dort wiederum „mdr um 11“ eingestellt, auch will man beim mdr auf viele Schlagersendungen verzichten. Florian Silbereisen bekommt weniger zu tun, und selbst seine großen Schlagershows im Ersten stehen auf der Kippe.

Aber auch bei den Privaten muss gespart werden. Zum Jahresende wird die Ausstrahlung von Servus TV in Deutschland eingestellt. Auch die Fernsehversion von Bild wird Silvester 2023 enden. Sky will in Deutschland keine eigenen Serien und Filme mehr produzieren. Netflix und Disney+ bieten Abos mit Werbung an, Amazon Prime Video kündigt an, nachzuziehen.

Auch die Printmedien sind im Umbruch. Nach der Übernahme von Gruner + Jahr durch RTL werden viele Magazine eingestellt, zum Beispiel die „Barbara“ von Barbara Schöneberger, andere werden verkauft.
Die Madsack-Mediengruppe startet in Brandenburg einen großen Test. Erst in der Prignitz und dann im Westteil von Ostprignitz-Ruppin werden die Printausgaben der Märkischen Allgemeinen nicht mehr hergestellt, stattdessen gibt es dort nur noch das E-Paper. Der Abschied von der gedruckten Tageszeitung.

2023 mussten wir auch wieder von vielen bekannten Menschen Abschied nehmen, die Liste ist wieder lang. Die Moderatoren und Sprecher Armin Halle, Klaus Feldmann, Günter Wewel, Ernst Huberty, Heinz Florian Oertel, Hans Meiser, Frank Papke, Bob Barker, Jerry Springer, Katja Dofel und Gunter Emmerlich. Die Schauspieler Maria Sebaldt, Lotti Krekel, Heinz Baumann, Dieter Schaad, Nadja Tiller, Elmar Wepper, Helmut Berger, Michael Gambon, Jane Birkin, Gina Lollobrigida, Raquel Welch, Matthew Perry, Ryan O’Neal, Heidelinde Weis, Christian Quadflieg, Peter Simonischek, Karin Gregorek, Barry Humphries (Dame Edna) und Ingrid Steeger. Die Synchronsprecher Jürgen Kluckert und Thomas Danneberg. Der Regisseur Jürgen Flimm. Der ehemalige ZDF-Intendant Dieter Stolte. Die Musiker Tina Turner, Harry Belafonte, Sinéad O’Connor, Roger Wittaker, Lisa-Marie Presley, Toy Marshall, Hannelore Kramm, Toto Cutugno, Larry Schuba und Tony Bennett. Die Sportler Rosi Mittermaier, Tim Lobinger,René Weller und Jutta Müller. Die Autoren Martin Walser, Milan Kundera und Pascal Mercier. Das Model Tatjana Patitz, der Konsul Hans-Hermann Weyer. Die Politiker Wolfgang Schäuble, Antje Vollmer, Hans Modrow, Heide Simonis, Henry Kissinger, Hans-Ulrich Klose und Silvio Berlusconi. Die Unternehmer Hermann-Josef Emons und Lorenz Bahlsen.

Zum dritten und sicherlich zum letzten Mal Abschied genommen hat Thomas Gottschalk von seiner ZDF-Show „Wetten, dass…?„. Nicht weil er es nicht mehr drauf hat. Sondern, wie er sagt, weil er im Fernsehen nicht mehr so sprechen könne wie zu Hause. Gottschalk ist zu Hause also noch unangenehmer?
Tele 5 verabschiedet sich von seiner Reihe „Die schlechtesten Filme aller Zeiten“ – oder auch „SchleFaZ“. Nicht wegen schlechter Quoten, sondern weil der Betreiber Warner Bros. Discovery kein Geld mehr in eigene Inhalte investieren will. Kurz vor Weihnachten kommt aber die gute Nachricht: Nitro von RTL übernimmt die liebevoll gestaltete Reihe mit Oliver Kalkofe und Peter Rütten.
Anne Will hört auf mit „Anne Will“. Die Moderatorin beendet ihren Sonntagabend-Talk im Ersten. Ihre Nachfolgerin wird Caren Miosga, die dafür ihren „Tagesthemen“-Platz räumt. Dort folgt ihr Jessy Wellmer.
Schluss war auch für zwei Projekte, bei dem die Sender ein erstaunliches Durchhaltevermögen zeigten. Sat.1 wollte mit „Volles Haus“ eine Mischung aus Live- und Doku-Elementen zeigen. Was schon am Anfang nicht funktioniert hat. Überlange Einspieler – eher Dokuserien -, ein stümperhaft integrierter Talk mit „Britt“, im „Vollen Haus“, das selten voll war, angekündigt von ihr selbst. Alles vollkommen unausgegoren – dennoch hält Sat.1 monatelang durch. ProSieben beendet „Zervakis & Opdenhövel live“, ein Live-Magazin, das auch von Anfang an beim Publikum durchgefallen war.
Und, das ist neu: Eine Produktion wurde schon abgesetzt, bevor es überhaupt los ging. RTL Zwei wollte eine Dokusoap mit Michael Wendler und seiner Laura produzieren. Aber nach der Ankündigung hagelte es Proteste. Immerhin gilt Wendler seit einigen Jahren als einer der großen Hetzer im Internet, ist deswegen auch bei RTL rausgeflogen. Nachdem es seitens RTL+ hieß, man werde die Wendler-Doku nicht ins Streaming-Angebot nehmen und die Geissens damit drohten, den Sender zu verlassen, nahm man bei RTL Zwei vom Projekt wieder Abstand.
Die Band Russkaja gibt es auch nicht mehr. Das heißt, die Band selbst gibt es noch, aber nicht mehr unter dem Namen. Die Musiker, die jeden Dienstag in der Show „Willkommen Österreich“ im ORF1 auftreten, wollen wegen des Ukraine-Krieges nicht mehr mit Russland in Verbindung gebracht werden. Sie nennen sich nun jeden Dienstag anders.

Aber es gibt sie, die Lichtblicke im Fernsehen. Einer davon ist „Wer stiehlt mir die Show“ auf ProSieben. Joko Winterscheidt muss, falls er verliert, seine Sendung jemand anderem überlassen. So moderierte im Frühjahr Wildcard-Kandidatin Helena die Primetime-Show – als völliger TV-Neuling. Im Herbst sorgte u.a. Matthias Schweighöfer für Spaß.
Auch die ZDF-Serie „Gestern waren wir noch Kinder“ sorgte für sehr viel Spannung. Die meistgesehene Sendung des Jahres war aber der Münster-„Tatort: MagicMom“ mit 13,93 Millionen Zuschauern.
Ansonsten setzt sich aber der Verfall des linearen Fernsehens bei den unter 50-Jährigen weiter fort. An vielen Tagen schauen in der Spitze nicht mal mehr eine Million Menschen zu.

Und was war 2023 sonst so los? Deutschland ist beim Eurovision Song Contest in Liverpool erneut Letzter geworden. Zwar nicht mit null Punkten, aber 18 sind einfach, ähm, zu wenig. Immerhin wurden wir beim Junior Eurovision Song Contest in Nizza Neunter.
Ein Löwe in Kleinmachnow sorgte für Breaking News und einen Medienauflauf im Ort. War dann aber doch kein Löwe. Hätte man ahnen können. Aber die Story war einfach zu gut.
RTL hat sonntags jetzt Football im Angebot und ich NFL-Rechte von ProSieben abgeluchst. Quotenerfolge sind damit aber kaum drin.
Der Wissenschaftsjournalist Harald Lesch ruft bei „Presseclub Nachgefragt“ bei phoenix an, um seinen Frust loszuwerden.
Oliver Pocher und seine Amira trennen sich, und es beginnt eine erstaunliche Schlammschlacht. Pocher nutzt seine Social-Media-Macht für einen Rundumschlag nach dem anderen, was auf Dauer ziemlich unangenehm ist.
Gil Ofarim gesteht, dass er in einem Leipziger Hotel nicht judenfeindlich behandelt worden war. Er hatte sich in einem Video auf Instagram ausführlich über das Geschehene ausgelassen, was für Empörung sorgte. Nun herrscht Empörung, weil Ofarim sich das alles nur ausgedacht hat. Keine Ahnung, was ihn da geritten hat.
Die AfD will bei ihrem Parteitag ein Team des Politmagazins „Monitor“ ausschließen. Eine Klage verhindert das, das Team darf rein. Rechtsextreme wollen eben keine kritische Berichterstattung. Das rechtsextreme Magazin „Compact“ hetzt unterdessen über die Bürgermeisterin der Stadt Velten und ihr angebliches Nichtstun im Fall von angeblicher Ausländergewalt. Und der Mob stürzt sich drauf.
Erstmals wird eine Folge der RTL-Soap „Unter uns“ von einer Künstlichen Intelligenz geschrieben. Die gute Nachricht wäre: Das erste und letzte Mal. Die Zeitschrift „die aktuelle“ veröffentlicht ein Interview mit Michael Schumacher – erstellt durch eine KI. Sorgt für Ärger. Na so was.
Lange war vollkommen unklar, ob die Frauen-Fußball-WM in Deutschland überhaupt gezeigt wird. Die FIFA wollte viel Geld, das die Sender nicht bereit waren, zu zahlen. Erst kurz vor Beginn kommt es zur Einigung mit ARD und ZDF. Die Frauen scheiden jedoch früh aus.

Man sollte viel mehr lachen, so wie Susanne Daubner, die sich eines Morgens bei einer Übergabe vom „Morgenmagazin“ zur Tagesschau nicht mehr einkriegt und einen Lachkrampf bekommt.
Oder über Super RTL, das jetzt RTL Super heißt. Aber nur am Abend. Am Tage heißt der Sender weiter Super RTL, das Kinderprogramm nennt sich wiederum jedoch Toggo. Alles super bei RTL. Glückwunsch an die, die da noch durchsehen.
Ach ja, und Twitter heißt jetzt X. Sonst ändert sich nix. Leider. Die Hetzer bekommen bei Elon Musks X-Twitter immer mehr Macht.
Und noch ein Lacher am Ende? Der WDR warnt jetzt vor alten Otto-Sketchen. Na ja, nicht direkt. Man weist vor Beginn darauf hin, dass die Show schon alt und die Witze irgendwie diskrimi… ähm… Also… Auch Otto ist kein harmloser Geselle mehr.

Dann kommt jetzt 2024. Aber eigentlich würden wir die Zeit doch gern eher zurückdrehen, oder?

Kommentare

6 Antworten zu „Das war 2023!“

  1. ThomasS

    „Netflix und Disney+ bieten Abos mit Werbung an, Amazon Prime Video kündigt an, nachzuziehen.“

    Das Netflix-Angebot wurde mir heute angezeigt.
    Erfreulicherweise würde der Preis reduziert werden, wenn ich die Werbeunterbrechungen akzeptiere. Ansonsten bleibt wohl erstmal alles beim Alten.

    Ich hatte befürchtet, dass ich draufzahlen muss, wenn ich keine Werbung sehen möchte, wie bei Youtube. Dass Netflix das anders handhabt, geschieht höchstwahrscheinlich nicht aus Kundenfreundlichkeit, sondern dürfte eher einen juristischen Hintergrund haben. Ich habe mein Abo schließlich ohne Werbeoption abgschlossen. Aber wahrscheinlich kommt das früher oder später dann doch. 🙁

  2. RT

    Aber hat Netflix nicht eh vor einiger Zeit die Preise angehoben?

  3. ThomasS

    APV zieht das mit den Werbeunterbrechungen zum aktuellen Tarif eiskalt durch. Ein werbefrei-Abo kostet 2 Euro mehr. Ob sie damit durchkommen?

  4. RT

    Sogar 2,99 Euro!

  5. ThomasS

    Einfach nur eine Frechheit!
    Wie würdest du dich entscheiden?
    Den neuen Modus akzeptieren oder draufzahlen?
    Oder das Abo komplett kündigen?

    Ich bin mir noch nicht sicher.

  6. Ich schaue erst mal, wie das läuft.
    Nirgendwo steht, ob es nur Spots vorm Film sind oder ob die Sendungen auch durch Werbung unterbrochen werden (und ggfs wie oft). Das warte ich ab. Grundsätzlich ist meine Lust sehr begrenzt, 3 Euro pro Monat mehr auszugeben.

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