Otto – mit Hinweistafel

MO 21.08.2023 | 0.00 Uhr (Di.) | WDR

Viele Deutsche haben gerade wieder Schnappatmung. Weil der WDR vor Otto Waalkes warnt. Macht der WDR zwar nicht, aber die Überschrift über dem Online-Artikel klickt natürlich besonders gut.

Am sehr späten Montagabend zeigt der WDR momentan alte Otto-Shows – die allererste lief nämlich vor inzwischen 50 Jahren. Also ein Jubiläum.
Bevor es losgeht, informiert eine eingeblendete Tafel aber noch: „Das folgende Programm wird, als Bestandteil der Fernsehgeschichte, in seiner ursprünglichen Form gezeigt. Es enthält Passagen, die heute als diskriminierend betrachtet werden.“

Und die Empörung ist groß! WDR warnt vor Otto! WDR wirft Otto Rassismus vor! Und beides ist Quatsch.
Denn eigentlich geht es nur darum, zu sagen, dass man in Deutschland damals – in diesem Fall 1974 – noch über andere Dinge gelacht hat als heute. Damals hat man in Witzen Leute beleidigt – auf eine Art, wie man es heute oft nicht mehr machen würde. Da gab es sexistische Gags, menschenverachtende oder rassistische.
Aber soll man diese Sendungen deshalb heute nicht mehr zeigen? Oder die Passagen rausschneiden?
Da ist so eine Hinweistafel – nichts anderes ist es ja – doch ein guter Kompromiss. Er besagt: Wir wissen, dass in der von uns ausgestrahlten Sendung problematische Inhalte sind, wollen sie aber dennoch im Original zeigen. Es wird einfach der Kontext dargestellt.

Dass sich aber so viele Leute davon getriggert fühlen, ist bemerkenswert. Dabei nimmt man ihnen nichts weg, im Gegenteil: Man bewahrt, man schließt es nicht in den Giftschrank.
Und ja, es ist nun mal der Lauf der Zeit, dass sich die Art von Gags ändern. 1970 waren es andere Gags als 2023. Und dass sie für Ältere in der „guten alten Zeit“ gemacht wurde, ändert nichts daran, dass einige der Gags aus heutiger Sicht nicht mehr gehen.
Deshalb ist der Hinweis vorab ein guter Kompromiss.

Ganz grundsätzlich jedenfalls. Die Frage ist allerdings: Setzt der WDR die Hinweistafeln vor alle Sendungen, egal, ob der Inhalt wirklich problematisch ist oder nicht? Denn in der „Otto“-Show von 1974 sind beim besten Willen keine solche diskriminierenden Inhalte zu finden. Otto – 45 Minuten alleine auf dem Hocker sitzend – macht seine bis heute bekannten Witze. Sie gehen manchmal liebevoll unter die Gürtellinie. Viele Wortwitze, einige humorige Lieder.
Wirklich diskriminierende Inhalte waren da am Montag irgendwie nicht zu finden.
Aber einfach auf Verdacht ohne inhaltliche Prüfung die Hinweistafel voranzustellen, ist dann tatsächlich albern. Aber vielleicht zeigt uns ja der WDR irgendwann mal, was in der „Otto“-Show von 1974 aus heutiger Sicht wirklich diskriminierend sein könnte.
In der Folge von 1975 fehlt der Hinweis dann übrigens.

Direkt im Anschluss lief „Schmidteinander“ von 1991 – auch mit der Hinweistafel vorweg. In diesem Fall zahlte sich die aber schon innerhalb der ersten Minute aus. Eine Frau wird an die Brüste gefasst und noch andere „Frechheiten“. Fanden wir 1991 lustig, finden wir vielleicht auch 2023 noch lustig. Dennoch müssen wir einräumen, dass es mitunter diskriminierende Witze sind. Uns bricht nun wirklich kein Zacken aus der Krone, um uns das einzugestehen. Deshalb verbietet es uns ja trotzdem keiner, die Sendung zu schauen. Gut so.

-> Die Sendung in der ARD-Mediathek (bis 21. September 2023)


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert