1991: Plan für Großflughafen Berlin – in Sommerfeld

Dezember 1990 II -> 28.12.2010

Rückblick: Überraschung für das Dorf im Januar 1991 / Viele Proteste gegen den drohenden Golfkrieg

MAZ Oranienburg, 25.1.2011

Was passierte vor 20 Jahren im Altkreis Oranienburg – und was stand in der MAZ? Diesmal: die erste Hälfte im Januar 1991.

OBERHAVEL
Elf Oranienburger Ärzte starten Anfang 1991 einen neuen Lebensabschnitt. Die Poliklinik II in der Straße des Friedens (Bernauer Straße) wird zum „Ärztehaus Zentrum“. Die Patienten finden im Haus einen Allgemeinmediziner, einen Internisten, Frauen-, Kinder-, Augen- und Hautärzte.

Der Landkreis startet eine Spendenaktion für die Menschen im weißrussischen Witebsk. Die Lager sind so voll, dass die Hilfslieferung früher startet als geplant. In der Oranienburger Staatsreserve stehen zwei Lkw bereit. Ein B1000 transportiert Waren aus sieben Orten im Kreis heran. Die LPG-Tierproduktion Schmachtenhagen spendet 10.000 Mark, die Oranienburger Kita Süd 80 Mark.

Ein Engpass droht auch hierzulande. Der Streit um Arzneimittelpreise in den neuen Bundesländern führt zu einem Boykott der westdeutschen Pharmahersteller. Unter den Kunden im Landkreis herrscht große Unsicherheit. Vor allem westliche Präparate sind kaum noch zu bekommen. Die Leute machen ihrem Ärger Luft, sagt ein Apotheker aus Hohen Neuendorf.

Die Oranienburger können unterdessen aufatmen: Das Pharmawerk wird leiser. Das lärmende Kesselhaus erhält einen Schalldämpfer. Der Lärmpegel sinkt von 110 auf 78 Dezibel.

Erleichtert sind auch die Kremmener: Dea eröffnet an der B273 eine der ersten Tankstellen in Ostdeutschland. Sie ist eine der modernsten im Land – und eine Konkurrenz zum Minol-Monopol.

Verunsichert sind dagegen die Bungalowbesitzer: Acht Einbrüche geschehen an einem Wochenende. In Bergfelde hebeln Diebe eine Tür auf und stehlen Werkzeuge. In Hohen Neuendorf geht eine Scheibe zu Bruch, auch Oranienburg und Birkenwerder sind betroffen.

Der Landkreis schafft sich zwei neue Multispeed-09-Geräte an: Blitzer. Die Autofahrer sind nicht amüsiert. „Wir sind es den Bürgern schuldig, dem Chaos auf unseren Straßen entgegenzutreten“, sagt dagegen Wolfgang Toppel, Leiter des Polizeikreisamtes.

Schock im Oranienburger Kaltwalzwerk: Der Bereich Konsumgüterproduktion steht vor dem Aus – 118 Mitarbeiter sind betroffen.

Und auch die Friedrichsthaler Gemeindevertreter sind schockiert: Ein Unbekannter ruft in der Verwaltung an und droht, das Haus mit Brandsätzen in die Luft zu jagen.

Die Menschen in Sommerfeld sind ebenfalls alarmiert. Es kursieren neue Spekulationen um einen Großflughafen für Berlin. Sommerfeld ist dabei ins Visier der Planer gerückt. Der Ort liege günstig in Autobahnnähe, die Bahnanbindung sei gut, und es gäbe kein Naturschutzgebiet. Der Flughafen „Berlin International“ – in Sommerfeld?

Schlechte Laune haben auch die Bewohner von Neuendorf. Das 3500 Hektar große Rüthnicker Übungsgelände der Armee ist freigegeben, aber die Sperrschilder auf dem Neuendorfer Gebiet stehen immer noch. Laut Bürgermeister Manfred Bathe seien sie nur einige hundert Meter weitergerückt worden.

Die Monatsmitte ist geprägt vom Protest gegen den drohenden Golfkrieg. Die Oranienburger bilden eine Menschenkette. Schüler setzen sich für eine Lösung der Konflikte ein. In den Kirchen finden Gebete für den Frieden statt. Zum Ablauf des US-Ultimatums schreibt die MAZ: „Erstmals gibt es in der Weltgeschichte einen Tag, der unsere Existenz in ein Davor und ein Danach trennen kann. Ein solches Datum gab es bisher nicht.“
Die Angst, dass der Krieg auch auf Europa und die Region übergreift, treibt die Menschen auch im Kreis Oranienburg auf die Straße.

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