Sommerfelder stirbt mit 85 Jahren – er war lange Stadtverordneter in Kremmen und engagierte sich auf vielen Ebenen
MAZ Oberhavel, 18.9.2024
Sommerfeld.
Er war oft ein Mahner und immer wieder auch das gute Gewissen in der Stadt. Gab es Streit, er wollte ihn schlichten. Der langjährige Kremmener Stadtverordnete Reiner Tietz ist tot. Er starb bereits am 30. August im Alter von 85 Jahren.
Am Wochenende hatten Bürgermeister Sebastian Busse und Stadtverordnetenvorsteher Malte Voigts eine entsprechende Todesanzeige geschaltet. Erst im Juni, mit der Kommunalwahl, schied er aus der Stadtverordnetenversammlung aus. Zuletzt war er für die Linken ohne Fraktion dabei.
Reiner Tietz wurde 1938 in Magdeburg geboren. Er selbst sagte, er sei „Machteburger“. Nach der Schule begann er eine Berufsausbildung zum Chemiefacharbeiter und studierte später in Leipzig Ingenieur-Ökonomie-Chemie. Er betreute Brennöfen für Düngemittel und Schwefelsäureherstellung.
Gleichzeitig zog es ihn aber in die Politik. Er war FDJ-Sekretär und wurde in Coswig Stadtverordneter, ging dann nach Berlin zur Parteihochschule. 1966 machte er sein Staatsexamen, war dann jahrelang im Zentralrat der FDJ. Er beschäftigte sich bald mit dem Staatsrecht und wurde 1975 Direktor des Staatsverlages, dem Verlag in der DDR für juristische und populärwissenschaftliche Literatur.
Zur Wende war er 52. Nach dem Mauerfall machte er den Wechsel von der SED zur PDS und zur Linken mit. „Wir mussten umlernen“, sagte er 2019 in einem MAZ-Interview. „Wir mussten überlegen, wie wir den Kern einer gerechten Gesellschaft vertiefen, deshalb bin ich Linker geblieben.“
Nach der Wende ging er zum Freiburger Haufe-Verlag, 1997 folgte die Rente. Kontakte nach Sommerfeld hatte er schon in den 1970er-Jahren. Wegen einer Lungenkrankheit war er damals drei Monate in der Klinik und erkundete das Dorf. 1997 zog er mit der Familie dort hin.
Er arbeitete im Kreisvorstand der Linken in Oberhavel, 2003 wurde er Abgeordneter des Kreistages und in der Kremmener Stadtverordnetenversammlung. „Es war mir wichtig, weil ich dokumentieren wollte, dass ein Sozialist in der Lage ist, für die Leute etwas zu tun“, sagte er 2019.
Kremmens Bürgermeister Sebastian Busse sagte am Montag, dass er Reiner Tietz als „ehrlichen und vor allem streitbaren Menschen, der aber immer Lösungsansätze hatte“, kennengelernt habe. „Er hat für seine Themen gekämpft, hatte aber auch immer ein Ohr für anderen Themen.“ Es sei ein Charakter, den es so nicht mehr in der Politik in der Region gebe.
„Ich habe ihn als wichtigen Grundpfeiler im Stadtparlament wahrgenommen“, sagte Malte Voigts, Kremmens Stadtverordnetenvorsteher, am Montag. „Er war das mahnende Gewissen.“ Sie seien nicht immer einer Meinung gewesen, „aber wir konnten gut diskutieren. Da gab es auch mal ein Grau – und nicht immer nur Schwarz und Weiß.“
„Reiner Tietz war im Landkreis Oberhavel eine Instanz“, sagte Ralf Wunderlich von den Linken in Oberhavel. „Unerbittlich engagierte er sich in der Zivilgesellschaft und kämpfte gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.“ Er war auch Mitgründer des damaligen Forums gegen Rassismus, das heute als Demokratieforum in Oberhavel bekannt ist. „Auch das ist Reiners Verdienst – niemals allein agieren, immer eine breite Beteiligung ermöglichen“, so Ralf Wunderlich weiter.
Zuweilen habe Reiner Tietz auch intern in Diskussionen heftige Kritik geübt, erinnerte sich Ralf Wunderlich. Alle hätten nach allem Streit immer wieder zur gemeinsamen Arbeit finden können.
„Er hatte immer ein offenes Ohr für die Bürger“, sagte Sommerfelds ehemaliger Ortsvorsteher Jürgen Kurth am Montag. Er hat mit Reiner Tietz lange im Ortsbeirat zusammengearbeitet. „Er war immer ein guter Partner.“
Reiner Tietz selbst sagte 2019 im MAZ-Gespräch: „Ich bin nicht unzufrieden mit meinem Lebenswerk.“ Es ist nun vollendet. Am Freitag, 27. September, um 13 Uhr beginnt die Beerdigung auf dem Sommerfelder Friedhof.
Schreibe einen Kommentar