(8) -> 31.8.2011
Die beste Radtour ist die, bei der man ein wenig Zeit hat und einfach mal spontan einen unbekannten Weg einschlagen kann – und irgendwo ankommt.
Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, nach Germendorf zu fahren und dort über die Brücke in der Annahofer Straße zurück nach Oranienburg. Aber der Zufall und eine merkwürdige Radwegführung sorgten für eine Programmänderung.
Zunächst ging es aber über die neue Havelbrücke hinter dem Oranienburger Schlosspark und weiter in die dortige Siedlung. Die gehört zu den Gegenden in Oranienburg, in der ich mich so gar nicht auskenne. Würde mich jemand fragen, wo der Lilienweg ist – ich wüsste es nicht. Jetzt weiß ich: Das scheint ein teures Pflaster zu sein. Jedenfalls stehen dort einige Prachtvillen.
Weiter über die ziemlich holprige Thaerstraße. An der Kreuzung zur Kuhbrückenstraße blockierte ein Krankenwagen den Weg. Er hielt, setzte rückwärts in die Thaerstraße und fuhr zurück Richtung Eden. Und das alles mit Blaulicht, aber seelenruhig. So eilig scheint es dann doch nicht gewesen zu sein. Oder die Sache hatte sich irgendwie erledigt.
Die Tiergartenstraße führte führte mal in den Oranienburger Stadtteil Tiergarten. Die neue B96 durchschnitt die Straße jedoch. Radelt man die Tiergartenstraße entlang, ist irgendwann einfach Schluss.
Es muss früher mal die reinste Idylle dort gewesen sein. Heute herrscht ein permanentes Verkehrsrauschen – und kein leises.
Als Radler ist man immer wieder über die seltsame Verkehrsführung der Radwege verwundert. Entlang der B273 in Richtung Germendorf endet der Radweg kurz vor der Brücke über die neue B96. Man muss die Seite wechselt, fährt nun links – mit Gegenverkehr. Am Germendorfer Ortseingang, an der Straße zum Globus, endet der Weg abrupt. Der Radfahrer ist ratlos, denn es gibt weder einen Hinweis, wo es weitergeht oder eine Querungshilfe. So radelte sich quer über die Kreuzung und musste nun die Bundesstraße benutzen. In Germendorf gibt es auf der Nordseite nicht mal einen Fußweg.
Ich bog nach links in die Veltener Straße, dort gibt es sogar einen Radweg. Mein Ziel: die Brücke Annahofer Straße. Die ist so marode, dass sie demnächst gesperrt werden soll. Und weil die angeblich keiner braucht, soll sie auch nicht saniert oder erneuert werden.
Doch der Radweg macht einen Knick und führt in einen Wald. Erst dachte ich, der Weg führt weiter parallel der Straße entlang, nur weiter im Wald. Stattdessen gibt es dort eine langgezogene Rechtskurve.
Ich landete in einer Straße namens Birkenwäldchen. Wahrscheinlich heißt das Mini-Wohngebiet genauso. Dass Germendorf richtige Wohnblöcke hat, war mir neu. Beschaulich ist’s trotzdem.
Ich stand nun an einer Kreuzung. Links wäre auf die besagte Brücke gekommen. Und rechts? Was ist da?
Ich wollte es wissen. Vielleicht ist es ja ein Schleichweg zum Kiessee am Tierpark.
Ist es nicht. An einer Gabelung liegt auf der linken Seite ein recht gut befestigter Weg entlang von Hochspannungsleitungen. Abgegrenzt ist der Weg auf der linken Seite von einem Gelände, das irgendeiner Baufirma gehört.
Ich hatte Zeit, also radelte ich los und weiter. Immer weiter.
Ich überlegte. Wo könnte ich landen? Erst dachte ich an Hohenschöpping. Dort gibt es eine Sackgasse, die aber für Radler freigegeben ist. Auch so ein geheimnisvoller Weg. Aber Hohenschöpping – das passte einfach nicht.
Schwante vielleicht? Oder Bärenklau? Das könnte hinhauen. Ich ließ mich also überraschen.
Aus dem festen Weg wurde ganz plötzlich ein Weg bestehend aus Zuckersand. Weiterfahren stellenweise unmöglich. Ich musste schieben.
In der Ferne sah ich zwei Leute den Weg entlanglaufen. Somit war klar: Dieser Weg führt irgendwo hin. Ein bisschen komisch guckten die beiden schon, als wir uns dann begegneten. Vielleicht waren sie auch einfach nur fertig – und wer weiß, ob sie wussten, wo sie denn da hinlaufen.
Der Weg wurde wieder fester. Ich radelte durch einen Wald.
Es herrschte Stille. Völlige Stille. Kein Motorenlärm. Nichts.
Ein tolles Gefühl. Gleichzeitig beklemmend, wenn man nicht weiß, wo genau man eigentlich ist.
Ich erreichte die Kinderallee. Offenbar haben Bärenklauer Kinder entlang der Straße diverse Bäumchen gepflanzt. In der Ferne: die ersten Häuser. Autos.
Ich erreichte ein Dorf, und es war schon klar, dass es Bärenklau ist. Stand ja auf den Kinderallee-Schildern.
Bald stand ich vor dem Remontehof im Ortskern von Bärenklau. Somit stand auch die weitere Tour fest. Auf dem Radweg ging es weiter nach Leegebruch.
Hin und wieder machten Baumwurzeln den Weg holprig und irgendwelcher Kram, der von den Bäumen fiel, knackte und polterte bedenklich an den Reifen.
Leegebruch. Zwischenstopp bei Rewe. Ein Getränk musste her. Eines ohne Pfand und eines, das leicht zu öffnen ist. Ich kaufte mir eine Caprisonne, um festzustellen, dass sie nach nichts schmeckt. Höchstens ein bisschen zuckig.
In Leegebruch wohnte mal ein entfernter Onkel von mir. Ich bog in die Straße am Anger ein. In einer der kleinen Nebenstraßen muss er gewohnt haben. Er ist schon gut 20 Jahre lang tot. Ob er am Anger oder im Kornweg gelebt hat, weiß ich nicht mehr. Aber wie auch immer: Sein haus, seine kleine Buchte scheint nicht mehr zu stehen oder extrem ausgebaut worden zu sein. Die Gegend sieht jedenfalls völlig anders aus.
Von Leegebruch ging’s zurück nach Oranienburg: 4,5 Kilometer sollen es bis dahin sein. Lustigerweise steht auf den Wegweisern für Autofahrer, dass es nur ein Kilometer ist.
Ich radelte über die Brücke über die neue B96. Der Radweg hat dort teilweise gefährliche Beulen, wahrscheinlich Wurzeln. Wenn da jemand nachts langdüst, könnte es sehr gefährlich werden.
Im Bärenklauer Weg ließ ich die Gedanken zurückschweifen. Die Straße sah bis vor 15 Jahren auch völlig anders aus. Damals führte ein schmaler Weg nach Leegebruch. Die Bundesstraße gab es noch nicht. Es war eine extrem ruhige Wohngegend. Inzwischen ist es keine Idylle mehr. Die Leute, die dort wohnen, sind nicht zu beneiden.
Von der Hauptstraße geht ein kleiner Weg ab – der alte Bärenklauer Weg. Hinter dem letzten Haus endet der asphaltierte Teil. Der alte Belag ist noch zu erahnen, jedoch schon völlig verwittert. Erstaunlich, wie so eine nicht mehr genutzte Straße zuwächst und sich die Natur das Gebiet zurückholt.
Langsam wurde es kalt. Zeit, nach Hause zu fahren. Die Walther-Bothe-Straße entlang.
An der Emil-Polesky-Straße gab’s den nächsten Flash. Ein Freund von mir hat dort mal gewohnt, das war in den 80ern. Dementsprechend haben wir oft auf dem Spielplatz hinter dem Block getollt. Der Block gehört heute zu den wenigen, die nicht saniert sind. Der Spielplatz sieht trostlos aus. Dafür ist der Block auf der rechten Seite, der an der Bothestraße steht, schon sehr schick.
Der ehemalige Jugendclub „Freundschaft“ an der Augustin-Sandtner-Straße ist zugemauert und sieht sehr ruinös aus. Ob das alte Ding abgerissen wird?
Der Schulhof der Havelschule – meiner alten Pablo-Neruda-Oberschule – steht tagsüber offen. Der dortige, neue Spielplatz ist öffentlich. Ich radelte über den Hof, hinter die Schule, über den ehemaligen Appellhof zu den Sportanlagen. Über das Blaue Wunder, über die Pferdeinsel – bis nach Hause.
Hat gereicht. Aber echt.
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