Volojahre (45): Provinzkultur

(44) -> 15.3.2010

Das war fast wie ein Klassentreffen. Mit meinen Neuruppiner Kollegen in der Kantine. Gestern. Heute. Morgen. Alles haben wir besprochen.
Noch immer fahre ich mit Wehmut in die Fontanestadt, auch wenn auch dort die Zahl der Schlaglöcher größer geworden ist und die Baustelle vor der Tür unserer dortigen Büros noch immer nicht beseitigt.

Aber eigentlich war ich in der Region unterwegs, um etwas über Provinzkultur zu erfahren. Das Wort mag abschätzig klingen, ist es aber nicht. Denn auch weit ab größerer Städte gibt es kulturell einiges zu entdecken.
In Kremmen zum Beispiel. In der „Tiefsten Provinz“ im Scheunenviertel sind hin und wieder Konzerte, es gibt Kabarettprogramme, Lesungen und vieles mehr. Und einen Betreiber, der sich drum kümmert und sich aufopfert.
Ein echt toller Ort ist auch die Klosterscheune in Zehdenick. Der dortige Galierist brennt für seine Aufgabe, Kultur in die Kleinstadt zu holen. So stellen Künstler dort ihre Bilder aus. Bands spielen, Autoren lesen. Musiker loben den Ort für seine einzigartige Akustik. Und dafür, wie man sich dort um sie kümmert. Die meisten kommen gern wieder.

Zuletzt führte mich die Suche nach Kultur nach Köpernitz in der Nähe von Rheinsberg. Im dortigen Gutshaus kümmert sich ein Verein ehrenamtlich darum, dass in dem Dorf etwas los ist. Die Besucher erfahren etwas über die Geschichte der Region – immer in Form eines Vortrages und eines Speisemenüs. Und das für einen erstaunlich kleinen Preis. Und auch dort: Konzerte, Lesungen, Austellungen, Symposien. Die Vereinsmitglieder machen alles weitgehend selbst. Das Dach decken, sich um die Finazen kümmern.
Und alle müssen mit wenigen Geldern auskommen, bekommen entweder kein oder nur wenig Geld von den Kommunen.
Die Beispiele zeigen aber dennoch, dass es funktionieren kann – mit viel Herzblut und Engagement.
Mehr dazu demnächst im Wochenmagazin „Die Märkische“.

Auf Anraten von Freunden fuhr ich von Köpernitz aus noch nach Heinrichsfelde. Es tand zur Debatte, ob sie da hin ziehen wollen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich sonst jemals dorthin gefahren wäre. Eine schmale Straße durch den Wald führt in den Dörfchen. Im Ort selbst ist die unbefestigte Straße aufweicht und matschig. Fast wäre ich steckengeblieben. Ein großer Schäferhund springt über den Zaun und rennt mir fast ins Auto. Er begleitet mich bellend durchs Dorf mit seinen paar Häuschen.
Ich würde dort nie wohnen wollen. Der Ort liegt fernab der Zivilisation. Selbst nach Rheinsberg ist es ein Stückchen, Neuruppin ist schon weiter weg, Berlin sowieso. Und rund um Heinrichsfelde ist – nichts. Gar nichts. Das würde mich depressiv machen.


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Kommentare

7 Antworten zu „Volojahre (45): Provinzkultur“

  1. ute hartmann

    Auch wir machen Kultur! Herzliche Einladung nach Leegebruch.
    Nähere Infos:
    http://www.kulturverein-leegebruch.de
    Ute Hartmann

  2. RT

    Es passen leider nur drei Einrichtungen auf die Seite. Es geht auch eher konkret um Kulturhäuser.

  3. Bea

    Ich kann mir sogar vorstellen, von welchem Hund du begleitest wurdest 🙂

  4. RT

    Ein Zweiter bellte auch noch hinter einem andern Zaun.

  5. Bea

    Der hinterm Zaun war mit Sicherheit unser! Ist dir das Haus mit dem Mauer-Zaun aufgefallen? Das haben wir uns angeschaut.

  6. RT

    Ich habe das alles schon wieder verdrängt. Kann es wirklich nicht verstehen, dass man dort hinziehen möchte – auch wenn es deine Heimat ist und du da natürlich einen ganz anderen Bezug hast.

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