Die Hoppe-Chronik (4): Der Ziegelstein aus dem Ofen wärmte das Bett

(3) -> 19.7.2013

Irene Hoppe – eine Neu-Vehlefanzer Lebenschronik (4): Der Winter 1945/46 war bitterkalt, doch das Landleben hatte auch einen Vorteil

MAZ Oranienburg, 20.7.2013

NEU-VEHLEFANZ
Kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 fielen auf dem Gebiet der Gemeinde Neu-Vehlefanz noch einmal Bomben. Häuser und Stallungen wurden abgedeckt. Die schon zerstörte Kirche in Klein-Ziethen bekam den Rest.
Das Kriegsende erlebte die Familie in der Ziegelei in Klein-Ziethen, Russen besetzten das Haus in Wolflake. Erst im Herbst 1945 war eine Rückkehr möglich: Zuerst Vater Wilhelm, dann die Mutter Luise mit der Familie.
Durch den Krieg war die Landwirtschaft zum Erliegen gekommen. „Die Frühjahrsbestellung konnte nicht vollständig durchgeführt werden“, erinnert sich die heute 82-jährige Irene Hoppe aus Wolfslake. „Erst ein Teil der Kartoffeln lag in der Erde, nur etwa 40 Prozent der Zuckerrüben-Anbaufläche war bestellt, Futterrüben noch gar nicht. Von der 400 Hektar großen Gesamtfläche des Gutes Klein-Ziethen – davon 100 Hektar Wiesen und Weiden und zehn Hektar Wald – blieben etwa 50 Hektar zunächst unbestellt.
Im Sommer 1945 begann sich das Leben wieder einigermaßen zu normalisieren. „Gemeinsam mit den Umsiedlern und den sowjetischen Soldaten haben wir angefangen, die Kulturen zu pflegen und zu ernten.“

Schon im Herbst 1945, so steht es in den Niederschriften von Irene Hoppe, begann in Neu-Vehlefanz die Bodenreform. Der Acker und Wiesen wurden planmäßig aufgeteilt und in Parzellen mit einer durchschnittlichen Größe von fünf Hekrat Acker und 2,5 Hektar Grünland vermessen. Bis zum Herbst 1946 hatten fast alle dieser Parzellen einen Käufer. Ehemalige Gutsbesitzer und Umsiedler waren die ersten Neubauern, einige bislang landarme Bauern bekamen Flächen hinzu. Industriearbeiter erhielten bis zu einem Hektar Land.

Zwischendurch aber kam der Winter 1945/46, und er war bitterkalt. „Wir hatten aber einen Vorteil“, sagt Irene Hoppe. „Wir hatten den Wald und somit Holz vor der Tür. Wir konnten den Kaminofen im Wohnzimmer anheizen.“ Eine Methode sich zu wärmen, war, einen Ziegelstein in den Ofen zu legen. „Den legten wir dann in unser Bett, so hatten wir es einigermaßen warm.“

Die Leute hatten in dieser Zeit sehr wenig im Magen. „Die Kartoffeln mussten erst mal wachsen. Aber es gab noch ein paar Vorräte. Landwirtschaft war Vorratswirtschaft“, erinnert sich Irene Hoppe. Oft kamen Hamsterer ins Dorf. „Außerdem Leute aus den Städten. Einmal standen zwei Frauen vor unserer Tür, sie sahen erbärmlich aus.“ Renis Mutter Luise bat die beiden ins Haus.
Irene, damals war sie 15 Jahre alt, musste öfter raus auf die Felder und Wiesen: Brennnesseln pflücken. „Wir haben damals alles Grüne, was da war, gegessen. Auch wenn es nicht geschmeckt hat, aber darum ging es eben zu dieser Zeit nicht. Wir hatten kaum eine andere Möglichkeit. Aber ich muss es ganz klar sagen: Anderen Menschen ging es viel schlechter als uns.“

Nach dem Winter verbesserte sich die Situation. Im ehemaligen Gutshaus wurde eine Verkaufsstelle eingerichtet, vorher gab es keine einzige in der Gemeinde. Die Belieferung der Haushalte erfolgte einmal wöchtlich von Kolonialwarenhändlern und Bäckern aus den Nachbarorten.
Der Aufbau ging nach und nach voran. In Deutschland gründeten sich 1949 die DDR und die Bundesrepublik. Daheim in ihrer Familie in Wolfslake musste Irene Hoppe jedoch zwei schwere Schicksschläge hinnehmen.


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