Bahnbekanntschaften (38): Schreib dem Papa einen Brief!

(37) -> 15.11.2008

Manchmal fragt man sich, was für Leute sich in eine Talkshow wie „Britt“ setzen, um dort ihren Familienzoff zu klären. Es sind wahrscheinlich Leute wie die junge Frau, die im Zug von Berlin-Gesundbrunnen nach Oranienburg mit ihrem Bruder telefonierte. Natürlich so, dass alle was von hatten.
Sie wollte ihm sagen, dass er sich ja ganz schön was geleistet hat. Sie ist voll enttäuscht von ihm, weil er sich nicht gemeldet hatte. Weder bei ihr, noch beim Papa. Das ist doch total unverantwortlich! Sie hat sich voll Sorgen gemacht! Er hätte doch wenigstens einen Brief oder einen Zettel schreiben können, wenn er schon nichts sagen konnte. Das ist doch wirklich nicht zu viel verlangt. Er müss sich nun entschuldigen. Beim Papa besonders. Man kann doch mit ihm reden. Und wenn der Bruder schon nicht reden kann, dann soll er wenigstens einen Brief schreiben. Papa freut sich, wenn er sich melden würde. Man kann doch mit ihm reden, hat sie auch schon erlebt. Er kann doch einen Brief schreiben, da freut sich der Papa. Und außerdem, bei ihr reicht eine Umarmung voll aus, wenn er ihr sagen will, dass er sie lieb hat. Also der Bruder. Ja, und der Papa, da kann er doch einen Brief schreiben, weil mit dem Papa kann man echt reden, man muss es eben nur tun. Und wenn er nicht mit ihm reden kann, dann soll er wenigstens einen Brief schreiben. Da freut sich der Papa.
Wenn der Zug bei Borgsdorf nicht ins Funkloch gefahren wäre, hätte sich das Gespräch noch weiter munter im Kreis gedreht. Das muss jedenfalls alles total dramatisch gewesen sein. Aber vielleicht bekommt Papa ja bald Post. Da würde er sich bestimmt freuen, denn mit ihm kann man ja schließlich… na ja, schon klar, oder?

Und dann war da noch der junge Mann, der in kurzer Hose und einer dünnen Hemdjacke auf dem Oranienburger Bahnhof herumspazierte. Sommerliches Outfit bei gut 2 Grad.


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