Die Rückkehr der DDR-Schulküche

Meine Erinnerungen an die DDR-Schulküche sind ein wenig verblasst. Mit unseren kleinen Papiermarken standen wir jeden Tag in unserer rumpeligen Essenbaracke an, einem Flachbau mitten im Oranienburger Neubaugebiet. Wenn es Weißkohleintopf gab, war mein Tag gelaufen, denn ich hasse Weißkohleintopf bis heute. Im Kindergarten schwammen darin immer die Fettfleischklumpen drin, und die mussten wir essen. Wir mussten. Mein Trauma, ebenfalls bis heute.

Die DDR-Schulküche muss bei einigen Menschen jedoch warmherzige Erinnerungen auslösen, denn der Discounter Netto verkauft allen Ernstes „Original DDR-Schulküchen-Tomatensoße“, und das auch nicht gerade sehr preiswert. Auf dem Etikett ist eine Jungpionierin mit blauem Halstuch zu sehen, darunter steht: „Einfach, echt und schmeckt wie früher“.
Nun wissen wir alle, dass früher eben doch längst nicht alles besser war und dass wir schon gar nicht in Pionierbluse und -halstuch in die Essenbaracke latschten. Dass aber die Tomatensoße nun dermaßene Gourmetkost gewesen sein soll, dass 25 Jahre nach der Wende ein Suppenhersteller mit einer Schulküchenpioniersoße daherkommt, da ist man doch schon einen Moment lang sprachlos beim Anblick des Werbeprospekts.

Bei Netto in Vehlefanz war das Drei-Sterne-ach-wie-toll-ware-doch-die-DDR-Produkt leider nicht mehr zu haben. Aber ich bleibe dran.


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Kommentare

Eine Antwort zu „Die Rückkehr der DDR-Schulküche“

  1. […] hatte ich hier schon mal über einen neuen Nostalgie-Ernährungstrend geschrieben. Es gibt jetzt DDR-Schulküchen-Tomatensoße, NVA-Erbsensuppe – und Tote […]

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