Von Fotos, die es wohl nicht in die Zeitung schaffen

Für viele Artikel, die ich schreibe, mache ich auch die Fotos. Manchmal hat man allerdings Motive vor der Linse, bei denen man nicht so genau weiß, was man damit anfangen soll. Heute ist mir das gleich zweimal passiert. Allerdings auf sehr unterschiedliche Weise.

Welche Fotos gehören zu den langweiligsten, die man immer wieder in der Zeitung sieht? Die, auf denen Bändchen durchgeschnitten werden.
Da wird eine Straße oder ein Parkplatz neu gebaut oder saniert. Dann kommen die Lokalpolitiker und die Lokalpresse. Die Lokalpolitiker rollen gemeinsam mit den Straßenplanern ein Bändchen aus und schneiden es durch. Was nur symbolisch und eigentlich das Sinnloseste ist, was es so gibt. Denn die Straße oder der Parkplatz sind meist auch vorher schon für den Verkehr freigegeben.
Irrsinnig war beispielsweise mal eine Parkplatzeröffnung, die ich in Alt Ruppin miterlebte. Mitten auf dem Parkplatz, der bereits voller Autos war, wurde ein Bändchen ausgerollt, das von zwei Leuten links und rechts gehalten wurde. Ein dritter schnitt das Ding durch. Hurra.
Oder heute in Vehlefanz: Die Straße war längst offen, das Bändchen musste trotzdem noch mal durchgeschnitten werden. Natürlich gibt es davon auch ein Foto, in die Zeitung kommt es jedoch nicht. Stattdessen sieht man ein Foto, auf dem bereits ein Auto auf der besagten Straße entlangrollt, und die Politiker stehen daneben und sehen der Fahrerin zu.

Gleich danach der nächste Fotofall. Aber aus einem ganz anderen Grund. In Sommerfeld erzählte mir eine Frau von ihrem schwerkranken Mann. Als es bei ihm akut wurde, mussten Hausarzt, Pflegedienst und später der Notarzt geholt werden. Der Pflegedienst kümmerte sich mehrere Tage lang um den Mann, damit er nicht ins Krankenhaus muss. Eine bemerkenswerte Geschichte, weil das alles mehr oder weniger ehrenamtlich passierte.
Dann aber ging es um das Foto. Ich dachte daran, die Frau mit der Haupthelferin zu fotografieren. Es kam aber anders. Inzwischen traf das komplette Pflegeteam ein, und der Mann könne doch auch aufs Foto.
Der Mann lag in seinem Bett, schien gar nicht mitzubekommen, was um ihn herum geschah. Wir alle versammelten uns in dem kleinen Zimmer. Der Mann im Bett, die Augen geschlossen. Seine Frau daneben, die Pflegerinnen dahinter.
Auf dem Foto liegt der Mann mit geschlossenen Augen im Bett, alle anderen sehen zu ihm oder in die Kamera. Ein sehr heikles Foto, wie ich finde. Und ich habe das Gefühl, dass es nicht in die Zeitung, in die Öffentlichkeit gehört. Der Mann konnte nicht sagen, ob er aufs Foto will oder nicht. Und irgendwie sieht es aus, als schlafe er oder… Wie auch immer: Wenn der Artikel zur Geschichte in der kommenden Woche erscheint, wird das wohl ohne dieses Foto passieren.
Oder was meint ihr?


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Kommentare

6 Antworten zu „Von Fotos, die es wohl nicht in die Zeitung schaffen“

  1. Unoriented Girl

    Also ich denke auch, dass dieses Foto nicht in die Zeitung gehört.
    Das ist ein schlimmes Schicksal – keine Frage -, aber mit dem Elend anderer Leute, die sich nicht dazu äußern können, an die Öffentlichkeit zu gehen, ist schon fragwürdig.
    Kannst du ruhigen Gewissens in den Spiegel sehen, wenn der Artikel mit diesem Foto erscheint oder fragst du dich ständig, ob es richtig war?

  2. RT

    Na ja, habe ich mich ja eigentlich schon entscheiden, dass das Foto nicht erscheint.

  3. Jutta

    Ich finde auch das ist die richtige Entscheidung. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Es wird wieder andere Gelegenheiten geben um interessante Foto´s zu machen.

  4. RT

    Ja, denke ich auch.

  5. RT

    Heute war der Artikel Ubrigens in der Zeitung zu lesen.

  6. Stefan

    Lehrreicher Artikel. Cool, wenn man sowas auch mal aus einem anderen Blickwinkel betrachten kann.

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