Bahnbekanntschaften (44): Ferner Osten

(43) -> 13.3.2010

Wie kommt man am besten vom Berliner Ostkreuz gen Norden, wenn auf dem Ring Schienenersatzverkehr ist?
Die Antwort: Über die Friedrichstraße.
Blöderweise wissen wir das erst jetzt. Stattdessen entschieden wir uns, die Straßenbahn M13 ab der Boxhagener Straße zu nehmen. In der Bornholmer Straße sollte es dann in die S-Bahn nach Oranienburg gehen.
Genauso war es dann auch. Womit ich nicht rechnete: Allein die M13-Fahrt dauerte 45 Minuten und führte durch ein Gebiet Berlins, das ich bislang noch nicht kannte. Und auch wahrscheinlich nicht weiter kennenlernen möchte.

Schon an der Haltestelle in der Boxhagener Straße warteten gemeinsam mit uns lauter Sympathieträger. Besoffene Damen und Herren blökten und winktem einem Taxi hinterher, das an der roten Ampel stand. Auf die Idee, mal die paar Schritte hinzulaufen, kamen sie nicht.

Die M13 war rappelvoll. An einem Freitag in der Stunde vor Mitternacht sind sie alle unterwegs – oder auf dem Weg nach Hause.
Mir gegenüber saß ein junger Mann mit einer halbvollen Bierflasche in der Hand. Ganz gerade halten konnte er sich nicht mehr. Seine Augen konnte er kaum noch offen halten. Leicht sabbernd süffelte er immer mal wieder an seinem sicherlich nicht mehr sehr kalten Bier.
Im Hintergrund schrien sich mehrere Männer an. Der eine zog an seiner Zigarette, der andere forderte ihn auf, das zu unterlassen. Beide waren angetrunken. Wenn die beiden nicht von ihren Begleitern zurückgehalten worden, wäre es zu einer Schlägerei gekommen.

Die M13 tuckerte inzwischen durch Lichtenberg und weiter nach Hohenschönhausen. Ich weiß nicht – war ich jemals in Hohenschönhausen?
Aussteigende Leute hauten mit Fäusten auf die Straßenbahn, der ganze Waggon rumpelte. An der selben Haltestelle stieg ein Typ mit zwei großen Hunden ein.
Albertinenstraße. Behaimstraße. Ich habe davon noch nie gehört. Die M13 macht einen ganz großen Bogen durch den fernen Berliner Osten. Und so wie sich die Menschen dort aufführen, ist es eine unheimliche dritte Welt, auf die ich so gar keine Lust habe.
Es ist ja hin und wieder schon abenteuerlich, was für Leute Wochenende nachts in der S-Bahn unterwegs sind, aber in der Straßenbahn wird es zuweilen echt unangenehm.

Erst als die M13 in die Prenzlauer Promenade rollte, wusste ich auch wieder, wo ich bin. Und pünktlich eine Minute nach Abfahrt der S-Bahn nach Oranienburg kamen wir am Bahnhof Bornholmer Straße an.


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Kommentare

3 Antworten zu „Bahnbekanntschaften (44): Ferner Osten“

  1. Felix

    Das mit den komischen Typen ist in der Straßenbahn aber überall so. Verstehe auch nicht, warum die Leute immer von außen dagegentreten müssen…

  2. RT

    Vielleicht ist es ein von uns verkanntes freundschaftliches Signal.

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