Schweiz (1): Winter? Nein, 14 Grad!

Fast schon idyllisch. Ich sitze in Chur im Schweizer Kanton Graubünden am geöffneten Hotelfenster. Direkt unter mir rauscht der Fluss Plessur vorbei. Wenn ich mich vorbeuge und mich nicht festhalte, kann ich da ohne Weiteres reinplumpsen. Das Geländer reicht mir ungefähr bis zum Knie. Und es ist Frühling. Am Nachmittag stieg die Temperatur auf 14 Grad.

Der öffentliche Verkehr ist das Thema unserer Schweiz-Tour. Damit ist jedoch keine Sauerei gemeint, sondern die Bahnen und Busse.
Abflug von Berlin-Tegel nach Zürich. Ich habe einen Mittelplatz. Schöner scheiß. Und warum sitzen eigentlich ausgerechnet die Leute am Fenster, die während des Fluges nicht ein einziges Mal raussehen?
Ich sehe mir noch mal die Schweizer Franken an, die ich mir schon gestern von meiner Bank geholt habe. Ganz schön grell. Der 20-Franken-Schein zum Beispiel ist knallrot, rosa, blau, grün und gelb. Hauptsache bunt und auffällig.

Vom Flughafen Zürich ging’s dann weiter mit der S-Bahn zum Hauptbahnhof. Zürich hat einen hässlichen Hauptbahnhof. Zumindest das, was ich von diesem Hauptbahnhof gesehen habe. Dagegen sieht der Bahnhof in Berlin-Lichtenberg idyllisch aus.
Um meinen Hunger zu stillen, setzte ich mich in einen Imbiss und kaufte ein typisch Schweizer Gericht: Spaghetti Bolognese.
Nebenher lese ich Zeitung und bin schockiert: Die „Blick“ berichtet von einer Einbrecherbande. Sie steigt nachts durch Fenster und Türen in Wohnungen ein, fesseln die Leute und zwingen sie, ihre PIN-Nummern zu nennen. Sie drohen, falls sie falsch ist, wiederzukommen und denjenigen zu töten. Gruselig. Was ist hier los, in der Schweiz?

In der 1. Klasse fahre ich dann mit der Bahn von Zürich nach Chur. Und wieder sitze ich auf der falschen Seite. Ich sehe nur die Sonne, die auf mein Fenster knallt. Oder wahlweise auch hohe Felsen. Auf der anderen Seite dagegen: herrliche Landschaften. Seen, schneebdeckte Berge und noch mehr Seen. Die Frau, die dort sitzt, hat dafür keinen Blick übrig.
Unterdessen komme ich mit meinen Klamotten ins Schleudern. Es ist viel zu warm für meinen Mantel. Ich wechsele ihn aus, nehme meine leichtere Jacke. Dann verzichte ich auch noch auf mein Shirt. T-Shirt und Jacke reichen. Allerdings sind die Temperaturen in höheren Lagen niedriger. Wir werden es morgen erleben.

Chur. Erste Frage: Wie wird Chur eigentlich ausgesprochen? Ch wie in „ach“? Also Chrrrur? Oder „Kur“? Und wir erfahren: Es ist beides richtig, je nachdem, woher man kommt. Wie in Deutschland China und „Kina“.

Schock im Hotel: Ich habe nicht damit gerechnet, dass die Schweizer andere Steckdosen haben, wie die Briten beispielsweise. Und der Stecker meines Laptops passt da nicht rein. Allerdings scheinen die hier drauf eingestellt zu sein, ich habe nun einen Adapter.

Chur selbst ist recht idyllisch. Chur gilt als älteste Stadt in der Schweiz. Ausgrabungsfunde besagen, dass der Ort etwa 5000 Jahre alt ist. Die Altstadt ist geprägt von engen Gassen, schmalen, mehrstöckigen Häusern in diversen Baustilen und den Bergen drumherum.
Ein Kollege bemerkte, dass unser Hotel sich direkt an einem Rotlichtviertel befindet. Gegen Abend setzte eine große Völkerwanderung ein, vorwiegend Männergruppen sind auf den Straßen zu beobachten, viele von ihnen in Soldatenuniformen.
Ob Chur nun tatsächlich ein Rotlichtviertel hat, ist unklar. Allerdings sind hier in der Gegend tatsächlich einige Bars und Erotikclubs.

Und sonst? Eine Kollegin fragte mich, ob ich derjenige aus Potdam sei. Ja, sagte ich, und woran sie das erkannt habe?
Sehe ich so ostig aus, oder wie? Aber die Lösung war eine andere: Sie wusste, dass ein Volontär bei der Reise dabei ist. Und das kann nur ich sein, ich bin der jüngste unter den Reisenden.

Morgen kommt schon mein absoluter Höhepunkt: Die Fahrt mit dem Bernina-Express über die Alpen.


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