Volojahre (26): Gerichtsshow ohne Kameras

(25) -> 17.6.2009

Wären wir nur fünf Minuten früher am Justizgebäude an der Nymphenburger Straße in München gewesen, hätten wir einen spektakulären Seifenoper-tauglichen Prozess mitbekommen. So kam nur ein Teil unserer Gruppe in Genuss einer Verhandlung, in der ein Rechsanwalt eine Rolle spielte, der auch in einer TV-Gerichtsshow mitspielt. Es ging um angeblich veruntreutes Geld. Zoff, Getuschel, aufgetakelte Zeuginnen und sehr obskure Aussagen – es sollen nur noch die Kameras im Saal gefehlt haben.
So blieb uns nur „noch“ ein Fall von Beleidigung. Ein junger Mann hat mit einem Freund randaliert, ein Securitymann hat sie verfolgt, den einen in den Schwitzkasten genommen, und der Festgehaltene benutzte schlimme, schlimme Worte. Auch bei uns zickten sich Anwalt, Zeuge und Richterin an, die Dame ganz vorne war durchaus ein bisschen genervt von dem Spektakel.
Daraus wird in den nächsten Tagen ein Artikel entstehen.

Auf vielfachen Wunsch einzelner Personen gibt es nun an dieser Stelle weitere korrekturwillige Sätze.
Aufgabe: Was stimmt nicht in diesen Sätzen? Wo sind die Schwachstellen und korrigiere sie.
Vor dem Sofa prangte ein Tigerfell, das sein Onkel selbst erlegt hatte.
Klaus mochte Birgit schon immer, aber dass sie ihn heiraten würde, hätte sie nie gedacht.
Der Tsunami hierließ schwere Verwüstungen.
Der Magistrat kündigte an, er werde nun unverzüglich für gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgungslage Sorge tragen.
Der urheber kann eine Verwendung seines Werkes im Film auf alle Fälle verbieten, wenn diese Verwendung so erfolgt, dass sie sein literarisches oder künstlerisches Ansehen zu schädigen vermag.
Die Tigerstaaten sind zu elektronischen Wirtschaftsriesen herangewachsen.
Alle Briefe von und an meine Schwester habe ich aufgehoben.


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Kommentare

16 Antworten zu „Volojahre (26): Gerichtsshow ohne Kameras“

  1. schöne Übung…

    Vor dem Sofa lag der Onkel, vom Tiger selbst erlegt. 😀

    Vor dem Sofa lag das Fell eines Tigers, welchen der Onkel selbst erlegt hatte.
    Der Magistrat kündigte an, unverzüglich gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgungslage einzuleiten/ zu ergreifen.
    Falls sein literarisches oder künstlerisches Ansehen geschädigt wird, kann der Urheber eine Verwendung seines Werkes im Film untersagen/ verbieten lassen.
    Die so genanten Tigerstaaten sind zu Wirtschaftsriesen im Bereich Elektronik herangewachsen.
    Alle zwischen mir und meiner Schwester ausgetauschten Briefe habe ich aufgehoben.

  2. RT

    Auflösung folgt bald.

  3. korrigiere mich selbst: der esel nennt sich stets zu erst, deshalb lieber …zwischen meiner Schwester und mir…

  4. tomtesk

    War der Fall nur in den ersten fünf verpassten Minuten interessant? Oder wurdet ihr in Gruppen geteilt? Außerdem sind die Sätze überhaupt nicht willig, aber ich Spiele gerne Erlkönig 8|

    „Vor dem Sofa prangte ein Tigerfell, das sein Onkel selbst erlegt hatte.“

    Tigerfell erlegen? Was ’ne Aufgabe! Ich wusste auch nicht, dass Tiger Onkel haben, die Tiger erlegen … aber die beiden Fehler auszubessern führt zu einem unmöglichen Satz:

    „Der Tiger, dessen Fell jetzt vor dem Sofa prangt, wurde vom Onkel des Besitzers selbst erlegt.“

    Bei Klaus und Birgit wird die Perspektive rumgedreht, was eigentlich nicht weiter tragisch ist, da es sich nicht um ein lesbisches Pärchen handelt …

    „Birgit mochte Klaus schon immer, aber dass sie ihn würde heiraten wollen, hätte sie nie gedacht.“

    „Der Tsunami hierließ schwere Verwüstungen.“

    Ich liebe Tautologien! Auch da:

    „Der Magistrat kündigte an, er werde nun unverzüglich für gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgungslage Sorge tragen.“

    „Dingens kündigte an, sich um sofortige Maßnahmen zur Verbesserung der Versorungslage zu kümmern.“ Oder so.

    „Der urheber kann eine Verwendung seines Werkes im Film auf alle Fälle verbieten, wenn diese Verwendung so erfolgt, dass sie sein literarisches oder künstlerisches Ansehen zu schädigen vermag.“

    Das ist es zwar nicht aber: Wie soll der Urheber im Voraus wissen, ob das Ergebnis rufschädigender Natur sein könnte? Ansonsten würde ich denken, dass er es nur „verbieten lassen kann“.

    „Die Tigerstaaten sind zu elektronischen Wirtschaftsriesen herangewachsen.“

    Die Metapher ist dämlich. Das ist daran falsch 🙂

    „Alle Briefe von und an meine Schwester habe ich aufgehoben.“

    Wie kann man Briefe aufheben, die man an seine Schwester geschickt hat? Wenn es das nicht ist, sind die Pronomen doof, da ihnen die Fälle davon schwammen … („Alle Briefe von meiner und an meine Schwester habe ich aufgehoben.“)

  5. RT

    @tomtesk: Der Fall war noch länger interessant, aber der Saal war voll, un wir konnten nicht mehr rein. Wir waren zwei Gruppen.

    Zu den Sätzen.
    Tigerfell: Ja, Carlos liegt da schon richtig, vor allem, weil kein Schatelsatz drin ist.

    Klaus und Birgit: Doch, es ist tragisch, weil dann der Bezug falsch ist.
    Also die Namen umdrehen.
    Man könnte aber auch sagen:
    Den Klaus mochte Birgit schon immer…

    Der Tsunami verursachte Verwüstungen.
    Verwüstungen sind immer schwer, so dass „schwer“ überflüssig ist.

    Der Magistrat kündigte an, er werde sich sofort um eine bessere Versorgung kümmern.
    Maßnahmen sind immer gezielt, also ist „gezielt“ überflüssig.

    Carlos, schon recht gut.
    …wenn sie sein lit. oder künstl. Ansehen schädigen könnte.

    Genau, Tigerstaaten und Wirtschaftsriesen passen nicht zusammen.

    Den Briefwechsel mit meiner Schwester habe ich aufgehoben.

  6. tomtesk

    Mein Tigerfellsatz ist zu kompliziert? Also ich werde doch noch von jemanden, der der deutschen Sprache mächtig ist erwarten können, dass er einen Satz mit einem Einschub versteht … und das „Prangen“ war im Vergleich zur fehlenden Logik doch wohl auch eine Marginalie. Denk dir halt ein „liegt“ dahin

    Beim Tsunami habe ich das genau so gesagt … du dichtest mir Fehler an, wo ich keine gemacht habe

    „Den Briefwechsel mit meiner Schwester habe ich aufgehoben.“

    Das lasse ich jetzt nicht so durchgehen, da bleibe ich hartnäckig. Man kann – außer in Ausnahmefällen, wenn die Schwester starb z.B. (aber selbst in diesem Fall hätte die Schwester selbst die Briefe lange genug aufgehoben) – keinen gesamten Briefwechsel aufheben, außer der Antwortende schickt den Brief, den er erhalten hat, direkt wieder mit zurück. Ich fände das ungewöhnlich. Hätte auch eine komische Aussage: „Da, kannst deinen doofen Brief wieder haben“, oder so.

    Und der logische Fehler, den ich im Magistratensatz gefunden habe, war ja wohl eindeutig schwerwiegender also so ein kleiner Umbau von juristischer Korrektheit zu besserer Verständlichkeit durch Konjunktiv.

    Das macht dann alles in allem einen halben Fehler fürs „Prangen“. Bekomme ich jetzt ein Bonbon?

  7. RT

    Ja. Belohnung muss sein.
    Kannste dir abholen, bin morgen wieder in der Region Speyer. 😉

  8. den briefwechsellösungssatz möchte ich auch beanstanden. das „aufheben“ ist schließlich auch ganz anders zu verstehen…
    und dass DIE tigerstaaten, also singapur, hong kong (damals), taiwan, und noch zwei weitere, in einem wirtschaftszweig doch ganz groß werden, ist nicht ausgeschlossen, auch nicht „satzbaulogisch“! die vom autor kreierte figur, wie sie sich auch nennen mag, klingt allerdings wirklich schräg. so ein satz gehört komplett gestrichen 😉

  9. tomtesk

    Ganz ungünstig … Grillen. Burzeltage und so …

  10. RT

    @Carlos: Okay, „aufheben“ könnte man auch missverstehen, stimmt…
    @tomtesk: Tjaja, diese Ausreden…

  11. tomtesk

    Gar nicht … Wenn du in der Gegend um Speyer aufmerksam gewesen wärst, hättest du die riesigen Rauchfahnen sehen können

  12. RT

    Na ja, wir waren viel zu beeindruckt vom Gewitter, als wir gerade unterwegs waren. Als wir durch Neustadt gefahren sind, waren Blitz und Donner genau über uns.

  13. tomtesk

    Geht es gerade um Samstag oder Freitag? Freitag war hier nämlich nicht der Ansatz von Unwetter …

  14. RT

    Samstag, gegen 16 Uhr.

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