Lesen und schreiben – Ein Teufelskreis

Neulich habe ich eine 21-Jährige kennengelernt. Sie kocht in einer kleinen Gaststätte in Sommerfeld. Sie macht das gut, sie kann das. Auch die Tische decken und sich um die Gästezimmer kümmern.
Was sie nicht kann: lesen und schreiben.
Und was sie auch nicht kann: eine Lehre absolvieren und da einen Abschluss machen. Weil sie eben nicht lesen und schreiben kann.

Sie kann das nicht, weil sie irgendwie blöd ist. Das ist sie nicht. Es hat erbliche Gründe, dass sie das nicht kann. Es ist ein Handicap, eine Behinderung.
Dafür hat sie ein fantastisches Gedächtnis. Alles, was man ihr beibringt, merkt sie sich. Für alles, was sie lesen müsste, hat sie sich andere Dinge einfallen lassen. Sie kommt klar.

Aber sie ist in einem Teufelskreis. Für eine Lehre müsste sie lesen und schreiben können. Es gibt keinen anderen Weg, eine theoretische Prüfung abzulegen. Niemand scheint sich je darüber Gedanken gemacht zu haben, und das ist ein Skandal.
Sie selbst sagt: Gehbehinderte haben Fahrstühle. Blinde haben Ampeln mit Ton. Sie hat nichts, sie muss sich selbst helfen.
Sie ist benachteiligt, und keiner hat dafür eine vernünftige Lösung, weil man eben darauf beharrt, dass sie das alles nur schriftlich machen kann. Deshalb hat sie auch keinen Schulabschluss.
Arbeitsagentur, IHK und wer sonst noch für Ausbildung und Lehre zuständig sind, sollten sich schleunigst mal Gedanken machen. Denn die 21-Jährige wird für etwas bestraft, wofür sie nichts kann.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert