In Vehlefanz bekannt wie ein bunter Hund

Helmut Schönberg feiert heute seinen 85. Geburtstag – er kümmert sich um die Ortsgeschichte und gehörte zu den Mitbegründern des Heimatvereins

MAZ Oberhavel, 15.6.2016

Vehlefanz.
Wenn er sich heute in seinem Heimatort umsieht, dann freut er sich. Es hat sich viel getan in der vergangenen Zeit. In die alte Schule ist wieder Leben eingekehrt, der Mühlensee ist ein Erholungsgebiet, die Mühle ein Ausflugsziel. Helmut Schönberg kann das beurteilen. Er lebt sein ganzes Leben lang schon in Vehlefanz. Heute sind es genau 85 Jahre.
Die Bewohner des Dorfes kennen ihn als engagiertes Mitglied im Heimatverein und als Forscher der Ortsgeschichte. Das hat er sich zum Hobby gemacht, als er Rentner wurde.

Geboren ist er am 15. Juni 1931 im Veltener Weg. Helmut Schönberg ist ein Ur-Vehlefanzer. Er hat viel erlebt. Seine Kindheit und Jugend war geprägt vom Krieg. „Zum Ende des Krieges hin wurden die Angriffe immer heftiger“, erzählt er. „In der Nachbarschaft sind Bomben abgeworfen worden. Dächer und Scheiben waren kaputt.“ Die Kinder mussten damals Sandsäcke füllen, um Kellerfenster abdichten zu können. Später flüchtete seine Familie vor den Russen, sie kam bis Gottberg bei Neuruppin. Dann erhielten sie die Nachricht, dass sie wieder zurück können. Nach dem Krieg arbeitete er in einer Bäckerei. Als eines Tages vier Männer aus Berlin kamen und getrocknete Pilze mitbrachten, musste Helmut Schönberg eine Probeschrotung vornehmen. Das hat funktioniert, woraufhin die Pilze in ganzen Lkw-Ladungen ankamen – bis plötzlich Qualmwolken im Getriebe entstanden. Der junge Mann wollte die Mühle abschalten, geriet mit dem Finger aber ins Getriebe. Seitdem fehlt ihm ein Ringfinger. „Als 14-Jähriger dachte ich dann: Ich kann nicht mehr heiraten.“
Er wollte Müller werden, aber seine Eltern fanden, das sei kein Beruf für ihn. Bei der LEW in Hennigsdorf lernte er von 1946 bis 1949 Elektromechaniker. „Das war damals ein toller Beruf.“ 1952 begann sein Elektromaschinenbau-Studium in Hohenschöpping.
Schönberg wurde Ingenieur, Assistent des Werkleiters, später Abteilungsleiter. 50 Jahre lang hat er in Hennigsdorf gearbeitet – bis 1996. „Ich war beruflich sehr viel unterwegs.“ In New York zum Beispiel und in Sibirien. „Spektakulär“, sagt er. Die wahnsinnige Größe des Landes hat ihn beeindruckt.

1990 dann ein Schicksalsschlag. „Wenn die Partnerin stirbt, denkt man, die Welt geht unter.“ Krebs. Ein Jahr lang brauchte Helmut Schönberg, um über den herben Verlust hinwegzukommen. Später lernte er Edda kennen, mit ihr ist er inzwischen auch schon wieder 20 Jahre verheiratet. Es ist Liebe, das sieht man ihm an, wenn er von ihr erzählt.
Helmut Schönberg hat zwei Kinder, fünf Enkelkinder, einen Ur-Enkel, und ein weiterer ist unterwegs. Er genießt es, dass er seine Familie im Ort hat, dass alle schnell erreichbar sind und dass sie öfter zusammen feiern. Oft ist er bei seinem Bruder.

Schon seit 1992 engagiert er sich auch verstärkt in Vehlefanz. In diesem Jahr ist der Heimatverein gegründet worden, 1998 wurde er dessen Vorsitzender und blieb es zehn Jahre lang. Er hat sich außerdem – und das ist inzwischen sein größtes Steckenpferd – der Ortsgeschichte verschrieben. „Ich habe bis 65 gearbeitet, und mir war schon klar, dass ich mich als Rentner dann viel mit der Geschichte befassen werde. Schönberg zitiert den Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker: „Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Zukunft gestalten.“ Den Satz nahm er sich zu Herzen. Anfangs ging er von Tür zu Tür und fragte die Leute, ob sie Bilder oder alte Sachen zur Verfügung stellen können. „Ich war ja bekannt wie ein bunter Hund.“ Einfach war das trotzdem nicht, manche konnten sich von ihren Sachen nicht trennen. Dennoch entstand ein umfangreiches Archiv.
Helmut Schönberg erarbeitete eine Chronik für Vehlefanz, reiste dafür nach Oranienburg und Brandenburg an der Havel, um Informationen zu bekommen. Er hält Vorträge zur Historie, stellte Tafeln zur Ortsgeschichte im Dorf auf – und macht sich auch sonst viele Gedanken über seinen Heimatort. Zuletzt gehörte er zu den Unterstützern des neuen Oberkrämer-Museums in Bärenklau.

Seinen 85. Geburtstag feiert Helmut Schönberg am Sonnabend im Sommerswalder Forsthaus. Und natürlich ist auch das teil seiner Jugenderinnerungen: „Einen Teil der Bäume dort habe ich mitgepflanzt.“


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