Holland (2): Darf man Rotterdam eine Drecksstadt nennen?

(1) -> 27.7.1991

Warum eigentlich Rotterdam? Ganz einfach: Faithless ist schuld. Weil die da auftraten, dachten wir uns: Verbringen wir doch mal ein Wochenende in Rotterdam. Dass immer mal wieder Leute anmerkten, dass Rotterdam ja nicht unbedingt so toll sein sollte – das ignorierten wir.

Und Rotterdam empfing uns von seiner vermutlich nicht ganz so schönen Seite. Wie auch schon die Bahnhöfe Utrecht und Arnheim, ist auch die Centraal Station in Rotterdam eine Großbaustelle. Malerische Baulöcher und crazy Bagger eröffnete unseren Rotterdam-Reigen. Wirklich schön. Die Straße vor dem Bahnhof ist komplett aufgerissen – irgendwelche fetten Rohre werden dort verlegt. Links neben der baugrube befindet sich das Skelett eines zukünftigen Hauses – wenn es fertig ist, soll es das neue Herz Rotterdams darstellen.
Ganz klar: Rotterdam ist noch nicht fertig, wir sind zu früh da.

Erst mal frühstücken. Und ins Hotel. Der Bus Nummer 33 fährt direkt hin. Eine Fahrt kostet 2,50 Euro. Egal wie lang oder kurz – alles bis zu einer Stunde kostet 2,50 Euro. Nicht so ganz billig. Tageskarten werden im Bus nicht verkauft, das wäre zu kundenfreundlich.

Im Hotel wollen sie erst mal 50 Euro Kaution über die Kreditkarte haben. Falls wir doch mal zwei Tage lang den Pornokanal gucken wollen und dann denken, wir können so abhauen. Man kann über den Fernseher auch aktuelle CDs abspielen – kostet bloß 4 Euro.

Aber wir sind ja nicht zum fernsehen hergekommen. Also zurück in die Stadt. Zurück zur Baugrube. Läuft man von da aus in Richtung Zentrum, ist auf der rechten Seite ein architektonisch wertvoller grauen Kasten – ein Kino. Gleich dahinter beginnt die Einkaufpassage. Die Häuserreihen sind zweigeschossig und wirken wie Baracken. das sieht – wie sollte es anders sein- sehr hübsch aus. das reden wir uns zumindest ein, doch es will uns irgendwie nicht gelingen, das zu akzeptieren. Potthässlich trifft’s besser.

Weiter mit der U-Bahn zum Ahoy, dort, wo das Konzert stattfinden wird.
Am Bahnhof stehen Automaten. Ich kann eine Zweitageskarte kaufen – für 9 Euro. das ist okay, nur leider ist Kartenzahlung nicht möglich. Auch Scheine nimmt das Ding nicht an. Und 9 Euro klein, die hatte ich nicht. Also kaufte ich eine Zweierkarte für 4,80 Euro. Also zwei Fahrten und wahnsinnige 20 Cent gespart.

Faithless war wieder mal sehenswert, obwohl sich Frontmann Maxi Jazz immer öfter von irgendwelchen anderen Sängern vertreten lässt.
Plus fürs Ahoy: Anders als zum Beispiel im Berliner Tempodrom kommen die Getränkeverkäufer auch durch die Halle.
Minus fürs Ahoy: Nach dem Konzert dauert es eine gute halbe Stunde, bis man endlich seine Klamotten hat. Eine Garderobe für mehrere tausend Leute ist einfach zu wenig. Ätzend.

Kurz nach Mitternacht. Es ist die Stunde, in der ich Rotterdam endgültig meine Freundschaft verweigere. Die Stunde, in der ich das Wort „Drecksstadt“ in den Mund nehme.
Ein Bus fährt von der Halle bis in die Nähe unseres Hotels. Ich halte meine Zweierkarte an das Lesegerät – und zeigt Rot. Der Busfahrer klärt mich auf, dass die Zweierkarte nur für die Metro gilt und nicht für die Busse. Na großartig. Was soll der Scheiß?
Der Busfahrer verkauft mir das übliche 2,50-Euro-Ticket, vergisst jedoch, es am lesegerät zu entwerten. Wenigstens etwas. Nun müssen wir nur noch an der richtigen Station aussteigen.
Dumm nur: Der Monitor hört irgendwann auf, anzuzeigen, welche Stationen als nächstes kommen. Irgendwann stehen da nur noch rote Punkte, nach dem Motto: Es kommt gleich eine Haltestelle. Angesagt wird natürlich auch nichts. Warum auch? Touristen sind doch sowieso doof.

Wir kommen wieder an der Centraal Station an. Ich bin nicht mehr besonders gut gelaunt. Auf dem Weg zur Haltestelle auf der anderen Straßenseite sehen wir, wir unser 33er-Bus dort steht – und losfährt. Wir laufen zum Fahrplan. Es war der letzte Bus. Natürlich. Drecksstadt.
Wir laufen 35 Minuten zum Hotel – nachts um 1 Uhr.
Der Abend ist gelaufen, und Rotterdam kann mich mal. Tag 2 kann eigentlich nur noch besser werden. Bitte!!


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