„Uns hat vorher nichts gefehlt“

Katja und Maximilian haben mit dem ersten Mal bis zur Ehe gewartet

MAZ Oranienburg, 24.12.2002

ORANIENBURG
Sie liebten sich zwei Jahre lang, waren zwei Jahre lang ein Pärchen, bis sie endgültig „Ja“ sagten. Hochzeit. Die Trauung. Erst im Standesamt, dann noch mal „richtig“, in der Kirche. Danach die Feier mit allen Lieben. Und später auch die Hochzeitsnacht. Und, ja, auch Sex. Machen doch alle.
Schon richtig. Aber bei Katja (23) und Maximilian (24)* war die Hochzeitsnacht noch aus einem anderen Grund etwas ganz Besonderes. Es war das erste Mal. Die beiden haben etwas durchgezogen, was für die meisten Jugendlichen vollkommen unverständlich ist: Kein Sex vor der Ehe. Dass in dieser Hinsicht vor dem Ja-Wort nichts stattfinde, darüber waren sich die beiden recht schnell einig. „Wir haben das gleich am Anfang thematisiert“, erzählt Katja.
Eine Lebenseinstellung, die zwar auch auf ihren christlichen Glauben zurückzuführen ist, aber nicht ausschließlich darauf baut. Schon in Kindesjahren haben die beiden viel vom Wertesystem ihrer Eltern mitbekommen. „Dann kommt man aber in ein bestimmtes Alter, wo man sich für das andere Geschlecht zu interessieren beginnt“, erzählt Maximilian. „Da fängt man erst mal an, alles über den Haufen zu werfen. Man fragt sich: Wie willst du es handhaben? Ist es besser, mit dem Sex bis zur Ehe zu warten?“
Und wie sieht es mit der Selbstbefriedigung aus? „Ja.“ Und es ist laut der Bibel erlaubt? „Das kann ich gar nicht sagen“, meint Max nachdenklich. „Der Mensch hat eben einen starken Trieb. Aber sie kann schon problematisch werden.“ In der Bibel steht sinngemäß, dass, wer in Gedanken die Frau eines anderen begehrt, schon Sünde begeht. Vielleicht sei es auch eine Frage der Fantasie. „Womit füttert man sich? Diesen Fantasien sollte nicht zu viel Boden gegeben werden“, überlegt er. „Es wird auch nicht richtig thematisiert in der Bibel“, sagt Maximilian. „Die Rate der Jungs, die sich selbst befriedigen, spricht ja auch für sich.“
Und dann trat Katja in sein Leben. Sie war nicht seine erste Freundin, doch bei ihr hat es das erste Mal so richtig gefunkt. Nach mehr als einem Jahr verlobten sie sich.
Nicht mal „so richtig“ zusammen übernachtet haben die beiden bis zum Tag ihrer Hochzeit. „Ich hätte es nicht schlimm gefunden“, meint Max. „Aber es wäre natürlich ein Spiel mit dem Feuer gewesen.“ Und er fügt hinzu: „Meine Eltern hätten mich auch ganz schön ins Gebet genommen, wenn Katja bei mir übernachtet hätte.“
Heiraten Paare wie ihr schneller, um dann Sex haben zu können? Die beiden grinsen, aber verneinen. „Heiraten ist ein Schritt, der auf echter Liebe beruht. Nur Sex reicht nicht als Basis“, meint Maximilian. „Aber ich schließe nicht aus, dass manche Leute es aus diesem Grund tun.“
Was ist eigentlich, wenn sich in der Hochzeitsnacht herausstellt, dass der Sex mit dem Partner alles andere als schön ist? Wäre das ein Problem? „Ich glaube, es kann nicht so viele Gründe geben, dass es grundsätzlich nicht geht“, ist sich Katja sicher. „Wenn die Beziehung stimmt, dann kann man auch über Probleme in der Sexualität sprechen. Ich finde auch, dass der Sex gar nicht zum Kennenlernprozess vor der Ehe dazugehört. Wozu muss man den anderen beim Sex kennen? Man hat die Zeit miteinander. Und man wird besser von Mal zu Mal“, lächelt sie. „Das hat auch etwas mit dem Glauben zu tun“, ergänzt Max. „Gott hat uns zusammengeführt, deshalb ist es irrelevant, ob es geht. Wir können uns gewiss sein, dass die Ehe funktioniert.“
„Uns hat vorher nichts gefehlt“, erzählt Katja im Nachhinein. „Sexualität ist auch ein intimes und sensibles Thema“, ergänzt ihr Mann. „Ich finde, die Empfänglichkeit für solche Reize stumpfen ab, wenn man öfter die Partner wechselt. Da ist sehr viel Seele mit drin. Man hat Sex mit jemandem, der nächste Woche wieder weg sein könnte.“
Und in der Ehe könnte das nicht passieren? Katja: „Liebe ist auch eine Kopfsache. Wenn die Beziehung stimmt, dann kann man über alles sprechen. Man hat die Gewissheit, der andere rennt nicht gleich weg.“
Und dann? Sex nur als Mittel zum Zeugen der Nachkommen? Oder auch aus reinem Spaß? „Auch aus Spaß“, lacht Katja. Und Verhütung? „Wir wollen noch keine Kinder. Es gehört zum Sex dazu, dass man Vorkehrungen in Sachen Planung trifft. „Zurzeit der Bibel waren Kinder zur sozialen Absicherung nötig“, meint Max. „Heute muss man in der Lage sein, den Kindern auch ein ordentliches soziales Umfeld bieten zu können. Familienplanung ist eine große Verantwortung.“ Für viele Christen sei Verhütung allerdings auch ein Eingreifen in Gottes Plan. Das sehen die beiden nicht ganz so.
Für Katja und Maximilian hat es sich gelohnt, mit dem Sex bis zur Ehe zu warten. „Das ist wie Weihnachten“, grinst Max. „Sich auf eine Sache zu freuen.“ „Wie, wenn man in aller Ruhe Geschenke auspackt“, ergänzt Katja. Aber letztendlich muss das alles jedes Pärchen selbst entscheiden. „Jeder sollte sich Gedanken darüber machen“, rät Max allen anderen. „Aber wir sagen aus unserer Erfahrung, dass es gut ist, bis zur Ehe zu warten.“ Wie lange die Pärchen aufs Geschenke auspacken warten möchten, sollten sie also selbst entscheiden.

* Angesichts einer so privaten Angelegenheit, baten die beiden darum, im Artikel ihre Namen ändern zu dürfen.


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