Klinik (11): Nervensäge

(10) -> 29.4.2024

Es ist Sonntagnachmittag, und ich werde in der Klinik auf die Station gebracht. Wir sind zu zweit in unserem Zimmer, der andere ist ein junger Mann, der ein größeres Darmproblem hat. Er muss schon länger da sein, denn seine Lage hat sich wohl schon ganz gut entwickelt.

Aber nun stellt sich eine Frage: Wird er mir auf die Ketten gehen. Das war eine Frage, die sich auch meinen Freunden auf WhatsApp stellte: Hoffentlich schnarcht der nicht. Wäre ja blöd, wenn ich nicht schlafen könne.

Es ist ja immer so eine Sache, wenn man mit völlig fremden Menschen in einem Klinikzimmer liegt. Ich kann es im Alltag nicht leiden, anderen Menschen auf die Ketten zu gehen. Ich will keine Umstände machen.
Das ist in der Klinik aber schwierig. Man muss mit der Situation, die sich einem zeigt, umgehen.

Und um es klar zu sagen: Nicht mein Patientenkollege war die Nervensäge, sondern ich selbst. Denn mit meiner Lungenentzündung machte ich vor allem immer wieder eines: husten. Und zwar laut.
Gerade in der Nacht war der Husten schlimm, und damit ging ich meinem Zimmergenossen gehörig auf die Nerven. Er zeigte es mir nicht direkt, aber er hasste mich. Einmal machte er eine Anmerkung gegenüber einer Schwester, dass ich ja nicht dafür könne, aber er könne jetzt nicht mehr schlafen. Und Schlaf sei ja für die Genesung wichtig.

Ich ging ihm so sehr auf die Nerven, dass er sich schon am nächsten Tag auf seinen Wunsch hin entlassen ließ. Ihm ging es so weit besser, dass er nun zu Hause sein könne, sagte er.
Einen habe ich also schon mal verscheucht.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

Eine Antwort zu „Klinik (11): Nervensäge“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert