100.000-facher Protest: Wir gegen die Rechtsextremen

Ich kann mich gar nicht erinnern, wann ich ausschließlich privat bei einer Demonstration war. Aber jetzt musste es sein, jetzt gab ich mir den Ruck. Und ich war nicht allein damit.

Dass es in Deutschland Rechtsextreme gibt, ist nichts Neues. Dass die Nazis nie ganz verschwunden waren, auch.
Aber vielleicht mussten wir das alles noch mal so richtig vor Augen geführt bekommen. Was in der Potsdamer Villa besprochen wurde, macht angst, macht wütend. Nazis wollen Menschen, die ihnen nicht passen, deportieren. Die wollen Menschen verfolgen, demütigen, klein machen. Weg haben. Sie wollen ein anderes Deutschland, sie hassen unser jetziges Land.
Und dann gibt es die AfD mit diversen Köpfen, die im rechtsextremen Lager zu verorten sind – nicht nur Björn Höcke.
Aber 23 Prozent der Deutschen wollen diese Partei, im Osten mehr als 30 Prozent.

Aber die Leute werden nun wach. Sie wollen das alles nicht. Und das wollen sie nun auch zeigen.
Am Reichstag in Berlin fand am Sonntag eine Kundgebung statt, ein breites Bündnis aus verschiedenen Gruppen hatte dazu aufgerufen.

Schon im Hauptbahnhof hatte ich den Eindruck – hier ist ganz schön was los. Aus allen Richtungen strömten die Leute heran. Schon am Oranienburger Bahnhof sah ich diverse Menschen mit dem Ziel, zur Demo zu fahren. Einige hatten kleine Plakate dabei.
Der Washingtonplatz war ein einziges Gewusel. Wir waren acht Leute und machten uns auf den Weg Richtung Reichstag.

Was wirklich auffallend ist: Es sind Menschen aller Altersgruppen dabei, und augenscheinlich viele, die sicherlich eher selten auf Demos gehen. Viele haben Plakate gebastelt.
Mich rührt das. Es freut mich, dass die Menschen nun gegen Rechtsextreme aufstehen.

Vor Ort konnten wir überhaupt nicht einschätzen, wie viele wir waren. Anfangs seien es 30.000 gewesen. Innerhalb einer Stunde seien es etwa 100.000 gewesen, so die Polizei. Tatsächlich haben wir gemerkt, dass es mit der Zeit wesentlich voller wurde. Dass es aber 350.000 waren, wie die Veranstalter sagen, ist dann aber doch sehr hoch gegriffen.

Sprüche auf Fahnen und Plakaten.
Rassismus ist keine Alternative.
Damit unsere Kinder uns nicht fragen müssen: Wo wart ihr?
Gegen Rechts.
Wir bleiben immer mehr.
Bunt statt Blau.
Menschenrechte statt rechte Menschen.
Halte deine Umwelt sauber.
Deutschland am Scheitelpunkt.
Rassismus ist keine Meinung.
Omas gegen Rechts.
Homos gegen Rechts.
Laktoseintolerante gegen Rechts.
AfD-Verbot jetzt.
Und so weiter.

Nazis finden solche Demos natürlich scheiße. Und sie tun so, als seien diese Menschen alle gesteuert. Niemand hat mich gesteuert oder gezwungen oder gar bezahlt. Björn Höcke behauptet kackdreist, dass diese Demonstrierenden die Nazis seien, ähnlich wie bei den Aufmärschen 1933. Eine Art der Hetze und Lüge, die fassungslos macht, bei den Fans aber zu funktionieren scheint.

Überall in Deutschland gehen die Menschen auf die Straße. Das gibt mir ein gutes Gefühl. Bei dieser Demo gewesen zu sein, gibt mir auch Auftrieb.
Aber natürlich bleibt die Frage: Wird diese Welle so weitergehen? Und ändert es was? Wird so was Wahlen beeinflussen?


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Kommentare

3 Antworten zu „100.000-facher Protest: Wir gegen die Rechtsextremen“

  1. ThomasS

    Chrupalla ist offensichtlich keine große Leuchte.
    Weidel scheint irgendwann vom gemäßigten Parteimitglied zur Opportunistin mutiert zu sein. Ich empfehle dazu die interessante Reportage „Wir waren in der AfD – Aussteiger berichten“, die in der Mediathek des Ersten einsehbar ist. Über die „graue Eminenz“ im Hintergrund – nennen wir ihn Bernd – müssen wir nicht reden.

    Was mir auffällt: Bekannte AfD Gesichter wie Dr. Gottfried Curio, Beatrix von Storch oder Alexander Gaulandt treten in letzter Zeit gar nicht mehr so häufig in Erscheinung. Kann das sein?

  2. ThomasS

    Was sagst du zu dem Vorwurf der Gegenseite, dass in der öffentlich-rechtlichen Berichterstattung viele Funktionäre der Regierungsparteien interviewt wurden, die aber nicht als solche gekennzeichnet waren?

    Entsprechende Streams wurden seitens der Sender mittlerweile sogar zurückgezogen.

  3. Gauland habe ich schon ewig nicht mehr gesehen. Vielleicht ist er krank. Storch sehe ich im Bundestag.

    Das andere höre ich das erste Mal.
    Funktionäre in der Demo? Ist ja die Frage, ob die sich als solche zu erkennen gegeben haben.

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