Leute, Leute: Er macht seit sechs Jahrzehnten Musik – und mit 69 das erste Soloalbum

Heinz Jung aus Beetz veröffentlicht mit „Unterwegs“ elf Instrumentalsongs – die meisten Stücke sind improvisiert – durch das Klavierspielen kommt er zur Ruhe, sagt er

MAZ Oberhavel, 20.9.2023

Beetz.
Beetz, abends. So geht es los. So heißt der erste Song. Damit beginnt das Album „Unterwegs“ des Beetzer Musikers Heinz Jung. Mit den elf Instrumental-Songs unternimmt er einen Streifzug durch sein eigenes Dorf, durch Paris, „Schlottenburg“ in Berlin und zurück.

„Ich spiele das Klavier“, sagt der 69-Jährige. Bei zwei Stücken wird er am Saxofon von Jan Rase aus Groß-Ziethen unterstützt. Das Besondere: Auch wenn er bereits seit 60 Jahren Musik macht, ist es jetzt sein erstes Soloalbum, das er herausbringt. Entstanden ist das Werk im Aufnahmestudio von Tonicum-Music in Groß-Ziethen. „Jan Rase hat mich gefragt: Willst du nicht mal alleine eine CD machen?“ Und er wollte. „Jan hat einen Flügel bei sich zu stehen, und das ist schon was anderes als mein E-Piano hier.“
Viele der Stücke sind improvisiert. „Es sind vier bis fünf Stücke durchkomponiert. Es ist deshalb auch eine improvisierte Reise, sie ist nicht durchgeplant.“ So fuhr er ins Studio nach Groß-Ziethen. „Ich kann mich ans Klavier setzen und es als Ventil gebrauchen – zum gut drauf sein oder nicht gut drauf sein. Das ist abhängig von der Tagesform, es packt dich oder es packt dich nicht.“ Bei einigen Stücken habe er zwei Anläufe gebraucht. „Ich habe dann gesagt: Es kommt nichts, lassen wir es bleiben. Später habe ich noch mal angefangen und durchgespielt.“ Deshalb gibt es auch genau elf Aufnahmen – eben diese elf Songs. „So, wie sie sind, wir haben nichts verändert, keine Technikspielereien.“

Hat er eine Botschaft, möchte er den Menschen damit etwas rüberbringen? „Eigentlich bin ich nicht derjenige, der eine Botschaft überbringen will“, sagt Heinz Jung. Aber dennoch wisse er, was er mit seiner Musik ausdrücken wolle. „Man kann zur Ruhe kommen, sich hinsetzen, man kann sich in die Musik fallen und die Welt hinter sich lassen.“ Es gehe aber auch darum, offen zu sein für Erlebnisse, für Reisen, dass man nicht nur zu Hause in der Bude hockt und rechte Parteien wählt, sagt er. In allererster Linie mache ihm die Musik selbst Freude, „und ich hoffe, dass sie auch die anderen freut.“ Hauptsächlich mache er das aber für sich selbst. „Das ist der Ansatz. Aber natürlich ist es schön, wenn es auch Reaktionen gibt.“

Sechs Jahrzehnte lang macht er Musik. „Damals kam ein Klavier ins Haus, über irgendeine Tante“, erinnert er sich. Ein paar Jahre lang hatte er Klavierunterricht. „Aber dann kamen die Beatles dazwischen.“ Das Klavier war da nicht mehr so angesagt, stattdessen spielte eher die Gitarre eine Rolle, erst später wandte er sich wieder dem Klavier zu. „Handgemachte Musik ist für mich was ganz anderes als irgendwelche Technomucke, wo alles festgelegt ist.“ Es gehe darum, reagieren und interagieren zu können.
In Berlin spielte er in Bands wie „Seven Eleven“ oder „Karo“. „Die sind nicht bekannt, aber sie gehören zur Vita. Die Musikrichtung war immer Pop, Rock und Funk. Ganz am Anfang habe ich in einer Jazz-Truppe mitgespielt. Die waren schon etwas älter als ich.“ Die Band habe ihn aber in Sachen Instrumentalmusik weitergebracht, sagt er. Auch habe er viel Musik mit Andreas Dalibor gemacht, die beiden kennen sich noch aus den Berliner Zeiten.

Ursprünglich kommt Heinz Jung aus der Pfalz, aus Neustadt an der Weinstraße. Mitte der 70er-Jahre ging er nach Berlin. „Ich bin aber nicht vor dem Bund geflohen“, erzählt er und schmunzelt. „West-Berlin war eine Insel der Glückseligen. Es herrschte dort eine gesunde Anarchie.“ Er ist gelernter Notargehilfe, war dann Büroleiter in größeren Berliner Notariaten. 1993 zog es ihn nach Beetz. „Damals war ich schon mit Andreas Dalibor befreundet.“ Gemeinsam mit einem weiteren Freund suchten sie ein großes Grundstück und fanden es schließlich in Beetz. „Es war halb verfallen, es sah ziemlich böse aus.“ Sie bauten es um und aus und haben seitdem drei voneinander unabhängige Häuser und Wohnungen auf dem Hof.
„Ich habe das erst als Wochenendding gesehen und bin dann doch hier gelandet.“ Durch seine Lebensgefährtin springt er allerdings auch immer wieder zwischen Beetz und Berlin. „Und das ist schön. Eine Stadtwohnung und das hier.“ Er zeigt auf seinen Garten. „Da sollte man nicht jammern.“

Zu seinen Lieblingsmusikern gehören Joe Jackson oder die britische Rockband „Yes“. Fragt man ihn aber nach heutigen Musikkünstlern, überlegt er eine Weile. „Lady Gaga oder Taylor Swift. Das sind tolle Musikerinnen, aber trotzdem kommt das bei mir nicht so an. Rammstein finde ich ausgesprochen langweilig.“ Dafür sei Grönemeyer großartig, auch der alte Udo Lindenberg.

Kürzlich ist Heinz Jung in der Berliner Wabe aufgetreten – im Vorprogramm von Dalibors Roadshow. Und vielleicht ja 2024 mal in Kremmen.

Das Album kann per Mail bestellt werden: info@tonicum-music.de.


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