(95) -> 8.1.2023

Im RE5 von Oranienburg nach Berlin herrscht Erkältungsalarm. Der Zug ist voll, und ich habe einen der letzten Plätze ergattert.
Es ist ein bisschen wie im Horrorfilm. Ein Mann setzt sich hin, und dann sieht man, wie seine Augen nach und nach das Geschehen im Raum aufnehmen.
Vor mit sitzt eine Mutter mit ihrem Kind. Das Kind hustet und schnieft. Ich denke darüber nach, ob ich mich anstecke könnte. Ich höre jemanden im Hintergrund niesen. Fünf Sekunden später sehe ich, wie eine im Gang stehende Frau in ein Taschentuch niest – immerhin. Ich glaube, ich bin in eine Erkältungszone geraten.

Das Kind hat unterdessen Langeweile. „Mama, ich will Uno spielen!“, sagt das Mädchen. Die Mutter aber schüttelt den Kopf. „Nein, jetzt nicht.“ Das Mädchen schweigt bockig. Nach einer Weile fragt es: „Warum denn nicht.“ – „Darum.“ – „Ich will aber.“
Auf der anderen Seite des Ganges sitzt offenbar der Rest der Familie – vielleicht Oma und Opa. Opa schaltet sich ein. „Wir sind doch gleich da.“ Tatsächlich hat der Zug schon Berlin-Pankow erreicht. „Das lohnt sich doch nicht mehr.“ – „Wann müssen wir denn aussteigen?“, fragt da Mädchen. „Gleich“, sagt Opa. „Wann denn?“ – „In 5 Minuten.“ Das Mädchen schaut auf: „Aber da schaffen wir doch noch eine Runde.“ Leicht weinerlich. Opa schüttelt den Kopf: „Wenn wir alles ausgepackt haben, sind wir doch schon da.“

Der Bahnhof Berlin-Gesundbrunnen wird angesagt. „Steigen wir jetzt aus?“, fragt das Mädchen. Die Mutter schüttelt den Kopf: „Noch nicht, wir fahren eine Station weiter.“ Das Mädchen überlegt: „Dann hätten wir doch noch Uno spielen können.“ – „Nein“, sagt die Mutter ansatzweise genervt. Und Opa lacht leise: „Irgendwie hat sie ja recht.“
Ich steige in Gesundbrunnen aus, aber ich vermute, dass die Uno-Meisterschaften nicht mehr stattgefunden haben.