RE6-Ausbau: Beetz-Sommerfeld steht danach schlechter da

Pendler Mario Große kritisiert Bahn-Pläne – er sieht den ländlichen Raum im Nachteil

MAZ Oberhavel, 21.6.2023

Sommerfeld.
Verlässlicher sollen sie werden: der Prignitzexpress und vor allem die Regionalbahn 55 (RB55), die vor allem dafür bekannt ist, dass sie öfter mal nicht fährt. Dafür wird die Strecke zwischen Velten und Neuruppin in den kommenden dreieinhalb Jahren ausgebaut. Wichtigste Neuerung: Die RB55 endet dann nicht mehr in Kremmen, sondern fährt weiter bis Neuruppin, was dafür sorgt, dass künftig auch zwischen diesen beiden Städten pro Stunde zwei Züge in jede Richtung unterwegs sind.
Vor allem Neuruppin hat Vorteile vom Ausbau, im Streckenteil in Oberhavel wird alles weitgehend so bleiben, wie es jetzt ist. Mit einer Ausnahme: der Bahnhof Beetz-Sommerfeld.

„Speziell für diesen Bahnhof gibt es nach der Sanierung eine Verschlechterung“, sagt Mario Große. Er wohnt in Wall, nutzt den Bahnhof in Sommerfeld aber, um mit der Bahn in Richtung Berlin zu pendeln. Der Ausbau der Prignitzexpress-Strecke führe für die ländliche Region zu keinem Vorteil, findet er.

Die Verschlechterung für den Bahnhof Beetz-Sommerfeld liegt darin, dass nach dem Ausbau dort nicht mehr der Regionalexpress 6 (RE6) hält, sondern die RB55. Die in Sommerfeld Einsteigenden halten mit dem Zug dann nicht nur in Kremmen und Velten, sondern auch an allen Zwischenstopps. Die Fahrzeit verlängert sich – vor allem dann, wenn Pendler nach Berlin wollen, denn wollen sie mit dem RE6 nach Spandau, müssen sie in Kremmen, Velten oder Hennigsdorf umsteigen – und warten. Wie lange, ist noch unklar.

Seitens der Bahn heißt es, dass sich mit dem geplanten Angebotskonzept vielfältige Verbesserungen ergeben würden. Der Ausbau zwischen Velten und Neuruppin verbessere die Pünktlichkeit von RE6 und RB55. Davon würden alle Fahrgäste profitieren. Zudem würden neue zwischenörtliche Direktverbindungen – wie zum Beispiel von Beetz-Sommerfeld nach Vehlefanz – eingerichtet. Über den letzten Punkt kann Mario Große nur den Kopf schütteln, und er fragt, ob es wirklich einen großen Bedarf gebe, von Sommerfeld nach Schwante oder Vehlefanz zu kommen. „Was hier geplant wird, geht einfach an den Leuten vorbei“, sagt Mario Große bezogen auf die Orte im ländlichen Raum.

Auch Pendler aus Rüthnick oder Herzberg würden die Station Beetz-Sommerfeld nutzen. Sie müssten wohl weiter bis Kremmen fahren, wo dann neue Parkflächen geschaffen werden müssten. Gleichzeitig fragt sich Mario Große, warum es bei der RB55 nicht möglich sei, wenigstens im Bereich Gnewikow – dort befindet sich das große Jugenddorf – einen Halt zu schaffen. Auch die Menschen in Wall wünschen sich die Wiederinbetriebnahme des dortigen Bahnhofes.

Jürgen Kurth (UWG/LGU), der Ortsvorsteher in Sommerfeld, übt ebenfalls Kritik an den Plänen der Bahn. Er hat auch die Patienten der Sommerfeld Sana-Klinik im Blick. „Wer künftig nach Spandau will, muss umsteigen. Für die Besucher der Klinik wird das auch beschwerlicher.“ Auch viele tägliche Pendler am Bahnhof Beetz-Sommerfeld würden bis Spandau fahren. Es sei zutreffend, dass sich die Reisezeit von Beetz-Sommerfeld nach Hennigsdorf und weiter nach Berlin geringfügig um rund fünf Minuten verlängere, heißt es seitens der Bahn.

Mario Große bringt einen möglichen zweiten Bahnsteig für Beetz-Sommerfeld ins Spiel. So sei für den RE6 ein Bedarfshalt möglich. Das wird von der Bahn abgelehnt. Das Betriebskonzept für die Linien RB55 und RE6 sehe kein Szenario vor, in dem eine Kreuzung in der Art stattfinde, als dass zwei Bahnsteigkanten in Beetz-Sommerfeld erforderlich würden.

Der Landtagsabgeordnete Frank Bommert (CDU), der in Sommerfeld lebt, will sich dafür einsetzen, dass der RE6 weiter in Beetz-Sommerfeld halte. „Ich schätze die Chance aber als gering ein“, sagt er. „Der RE6 soll ja relativ schnell in Berlin sein. Jeder weitere Haltepunkt zieht das ein Stückweit runter. Dass im Gegenzug die RB55 weitere Haltepunkte bekomme, schätzt er auch als nicht realistisch ein. „Jeder Haltepunkt kostet weitere Minuten.“ Auch sieht er das Potenzial dafür derzeit nicht.

Der SPD-Landtagsabgeordnete Andreas Noack hält einen Stopp des RE6 in Beetz-Sommerfeld nach dem Streckenausbau „wenig realistisch“. Eine direkte Verbindung des RE 6 ohne Umsteigen vom RB 55 sei sicher attraktiver, erklärt er. Der Bahnhof Kremmen mit dem bereits vorhandenen P&R-Angebot sei nur 7,2 Kilometer von den Sana-Kliniken entfernt ist. Das sind gute fünf Kilometer mehr als jetzt. „Ich halte ich dies für Nutzer, ob Bürger, Beschäftigte oder Besucher für vertretbar, da das Angebot mit dem 30-Minuten-Takt deutlich besser sein wird und die Anbindung der Region dadurch deutlich gesteigert wird“, so Andreas Noack. Wobei kein 30-Minuten-Takt geplant ist, sondern dass zwei Züge pro Stunde fahren. Wie genau der Takt sein wird, ist noch nicht bekannt.
„Ich würde mir die Wiedereinrichtung von zusätzlichen Haltepunkten in Wall-Radensleben oder Gnewikow wünschen, da diese bis Mitte der 90er-Jahre ja existierten“, so Andreas Noack weiter. „Die derzeitige Bedarfsermittlung spricht jedoch dagegen. Ich gehe jedoch auch davon aus, dass bei verändertem Bedarfen in der Zukunft der RB55 durch zusätzliche Haltepunkte wie in Wall ergänzt werden könnte.“ Er könne die wirtschaftliche Betrachtung der Ausbaupläne des VBB nicht ignorieren, erklärt er weiter.

Wenn zwei Zugpaare pro Stunde auf der gleichen Strecke verkehren, „dann gilt es auszuwählen, welcher von beiden welche Halte erschließt“, sagt der Landtagsabgeordnete Clemens Rostock (Bündnis 90/Grüne). „Die Regionalexpresse sollen möglichst schnell verkehren und die größeren Halte erschließen. In diesem Fall sollen Menschen aus Wittenberge, Wittstock und Neuruppin möglichst schnell nach Berlin kommen.“ Gleichzeitig sei wichtig, dass alle Bahnhöfe mindestens stündlich angebunden werden. „Dies übernehmen dann die Regionalbahnen.“ Ob Beetz-Sommerfeld zu den größeren Halten mit Stopps von RE6 und RB55 zählt oder zu den kleineren mit Stundentakt, „müssen die Fahrgastzahlen entscheiden. Die überregionale Ausstrahlung der Sana-Kliniken könnten den Ausschlag für den Halbstundentakt geben“, so Clemens Rostock weiter.
Zu zusätzlichen RB55-Halten sagt Clemens Rostock: „Wall und/oder Gnewikow sind im Gutachten zu möglichen Bahnhalt-Reaktivierungen bereits in der Vorauswahl ausgeschieden, sodass die Reaktivierung dieser Halte in naher Zukunft unrealistisch ist.“ Allerdings sieht er Chancen, „dass die RB55 weiter bis zum Temnitzpark Werder in Ostprignitz-Ruppin verkehrt und dass sich RE6 und RB55 die Anbindung Berlins über Spandau und das Karower Kreuz aufteilen.“

Geäußert hat sich auch Kremmens Bürgermeister Sebastian Busse (CDU). Er hatte seine Antwort mit Bahn und VBB abgestimmt, sie ist weitgehend wortgleich mit dem Bahnstatement. „Die Umstellung des Haltes in Beetz-Sommerfeld von RE auf RB dient insbesondere auch der Verbesserung der Pünktlichkeit von RE6 und RB55“, sagt er.

Für einen RE6-Halt in Beetz-Sommerfeld sieht es also nach der Sanierung nicht gut aus. Möglicher Lichtblick könnte eine Verlängerung der RB55 weiter bis Berlin sein. Aber das ist Zukunftsmusik für die 2030er-Jahre.


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Kommentare

2 Antworten zu „RE6-Ausbau: Beetz-Sommerfeld steht danach schlechter da“

  1. Ein Leser

    Interessanterweise ist es den Beetzern vollkommen egal, dass sie bald schlechter verkehrstechnisch angebunden sind. Sie schweigen, wenn ihnen was weggenommen wird, aber sie protestieren als gäbe es kein Morgen mehr, wenn ihnen saubere Energie gegeben wird.

    Darf man den Glauben an die Vernuft der Menschheit schon aufgeben?

  2. RT

    Das liegt vermutlich daran, dass die meisten Beetzer gar nicht mit der Bahn unterwegs sind.
    Und Windräder, für die man mehrere Hektar Wald gefällt werden, so ganz sauber sind, sei mal dahingestellt, da gehen die Meinungen auseinander.

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