Zum Schluss macht Schule plötzlich Spaß

Seit 1997 erscheinen am Louise-Henriette-Gymnasium Abitur-Jahrbücher. Die Machart hat sich seitdem stark verändert.

MAZ Oranienburg, 25.9.2014

ORANIENBURG
Kinder, wie die Zeit vergeht. Und wie modern sie geworden ist. Aber auch irgendwie inhaltsleerer. Und ein bisschen Wehmut ist immer dabei.
Wer sich durch die Abiturbücher des Oranienburger Louise-Henriette-Gymnasiums (LHG) blättert, wird solche Sätze darin immer wieder finden, egal ob 1997 oder 2014: „Wir treten ab. Wir kommen nie mehr wieder. Machen die Fliege.“ „Zum Schluss macht Schule plötzlich Spaß.“ „Die Bildungselite steht bereit zum Sturm auf die Chefetagen.“ „Wir schauen stolz zurück. Aber nicht zu lange. Schließlich fängt jetzt das wirkliche Leben an.“ „Louise, es war schön in dir.“

Das LHG feiert in diesen Tagen seinen 20. Geburtstag. Im Jahre 1997 verließ der erste Abiturjahrgang die Schule – zum ersten Mal erschien damals ein Abiturbuch und von da an Jahr für Jahr.
Wie sich diese Bücher im Laufe der Zeit verändert haben, ist spannend zu beobachten. Nicht nur die Art der Herstellung hat sich geändert: Haben sich in den ersten Jahren rund um die Abiturzeit immer ein paar Leute gefunden, die das Heft im wahrsten Sinne des Wortes in die Hand nahmen, machen das am LHG inzwischen Arbeitsgemeinschaften, die bereits ein Jahr vor Redaktionsschluss mit der Arbeit beginnen – ganz offiziell im Unterricht.

An das Internet, an aufwändige Computer- und Layoutprogramme war Ende der 90er-Jahre kaum zu denken. So sehen auch die Abibücher – damals eher noch -hefte – aus. Liebevoll auf Word-Seiten gestaltet.
Der Jahrgang 1997 verabschiedete sich mit einer Fibel. „Die Beste, wo’s gibt“, stand darauf. Bilder auf dem Cover? Fehlanzeige. Aber schließlich kam es auf den Inhalt an. Was sich die damaligen Abiturienten ausdachten, gilt auch heute noch: Erinnerungen an die Schulzeit, liebevolle Bösartigkeiten zum Abschied an die Lehrer – und natürlich die persönlich gestalteten Seiten der Abiturienten selbst. 1998 gab es erstmals einen Adressanhang – an E-Mail-Adressen war vor 16 Jahren allerdings noch nicht zu denken. Längst nicht alle hatten damals ein elektronisches Postfach.

Neue Maßstäbe setzte der Jahrgang 2001. Farbe! „Dabei sein ist alles!“, lautete das Motto der damaligen Abgänger und sie schrieben gleich „75 Gründe, mal nicht zur Schule zu gehen“ (Grund Nummer 26: Sex) und „100 Fragen, die uns schon immer bewegten“ (Frage 91: Warum ist Mittwoch nicht Ruhetag?) dazu.
Der Jahrgang von 2003 hatte genug von den relativ einfach gehefteten Abibüchern. Erstmals erschien ein 100-seitiges, aufwändig gedrucktes Buch. Die technischen Möglichkeiten schritten voran.
2005 hatte jeder Abiturient eine eigene Seite zu füllen. Vor allem mit Texten. Das muss an dieser Stelle betont werden. Aber dazu später mehr. Lang und breit ist über Kursfahrten, aufgeführte Theaterstücke geschrieben worden. Dazu Briefe an die Tutoren – und ihre Antworten. Alles sehr ordentlich im vorgegebenen Layout.
Layouts spielten schon 2006 keine Rolle mehr. Jeder Abiturient konnte von da an mit seiner Erinnerungsseite machen, was er oder sie wollte. Sei es handschriftlich oder besonders aufwändig. Mal mit Papagei, mal mit Milka-Schokolade oder rauchend auf einem Plastikstuhl. Und wer im Buch von 2008 keine Seite ablieferte, bekam ein Sprüchlein mit auf den Weg. Wie dieses: „Das ist M. Im Mathe-LK hat er Länder aus dem Tafelwerk radiert. Da blieb keine Zeit mehr für eine eigene Seite.“ Oder: „Das ist V., bin unterwegs/keine Zeit/muss arbeiten/cu/hegdl.“

Der Charakter der Abschlussbücher hat sich stark verändert. Sie sind mehr und mehr ein Kaleidoskop des Schulalltags, der Jugendzeit geworden: Lernen und Feste feiern. Selfies. Gruppenbilder, Partyschnappschüsse, Grimassen. Längere Texte sind Bildern gewichen. Die Bücher sind zu heiteren Fotoalben geworden. Eines ist aber gleich geblieben: Die leise Wehmut, die da mitschwingt. Und: die mitunter sehr kreativen Namen für die Bücher. „Abistrokratie – Der Pöbel bleibt, der Adel geht“ (2012), „RehABIlitation – zurück ins Leben“ (2009) oder zur Jahrtausendewende „Abikalypse 2000 und ihre Folgen“.


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