Mitten im Wedding liegt eines der interessantesten Theater Berlins, das ich je erlebt habe. Im Primetime-Theater läuft seit zehn Jahren die Sitcom-Reihe „Gutes Wedding, schlechtes Wedding“. Jede Folge ist gut einen Monat lang in mehreren Aufführungen zu sehen. Wir besuchten Folge 92.
Schon wer sich die vorbestellten Tickets abholt, merkt gleich: In diesem Theater ist alles anders. Der Chef des Hauses sitzt an der Kasse, er trägt eine Vokuhila-Perücke, offensichtlich gehört sie zu einer der Sitcom-Rollen. Wir werden per Handschlag begrüßt, nachdem die beiden Leute vor uns die Wartenummern 15 und 16 bekommen haben – sie hatten nicht vorbestellt, und die Hütte ist voll.
Kurz vor Beginn der Vorstellung ruft er alle Nummern auf und sagt, ob sie noch eine Chance haben, reinzukommen oder nicht. Der Chef persönlich ist es auch, der abfragt, wo denn im Saal noch freie Plätze sind, um die dann den Nachzüglern zuzuweisen. Er hält auch die launige Begrüßungsrede.
Hier ist alles kleiner, persönlicher, kieziger. Irgendwie schön.
„Gutes Wedding, schlechtes Wedding“ läuft seit zehn Jahren, aber man kann mit jeder neuen Folge neu einsteigen. Ein kleines Filmchen erklärt die wichtigsten Vorgänge, aber eigentlich versteht man das meiste auch so.
Der Titelsong: „Mitte is shitte, Prenzlberg is Petting – real Sex is only Wedding!“
Fünf Schauspieler stellen jeweils drei bis fünf verschiedene Charaktere dar. Da ist der DJ, die punkige Abiturientin, der schwule Schwabe und viele weitere skurrile Figuren.
In der Sitcom kommt es natürlich vor allem auf den Witz an, aber die Geschichten sind durchaus auch hintersinnig. Da geht es um Liebe und Eifersucht, um Zukunftsängste – und in unserem Fall um den Schulabschlussball, der ein wenig anders verläuft, als man das so kennt.
Es ist ein Stück Wedding, das uns da gezeigt wird, mit einem Ausflug in den Prenzlauer Berg. Es ist rotzig, in verschiedenen Dialekten, die Dialoge kommen Schlag auf Schlag.
Nach zweieinhalb Stunden endete der außergewöhnliche Theaterabend, und es ist toll, dass es so ein Kleinod in Berlin noch gibt. Immerhin finanziert sich das Haus aus eigener Kraft.
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