Süßes kreativ genießen

Gibt es wirklich Leute, die Raffaello und Co einfach nur so futtern?/Eine Anleitung

MAZ Oranienburg, 31.7.2002

RT/FLORIAN BÜTTNER

Zugegeben, es ist schon ein ziemlich bescheuertes Thema. Aber andererseits schlingt doch so gut wie niemand Mon Cherie und Co einfach so in sich hinein.
Hat nicht jeder von uns diese kleinen Rituale beim Verzehren der süßen Dinger? Also wird hemmungslos gepellt, gepult und gelutscht, um den familiären Fernsehabend doch noch mit Höhepunkten (kulinarischen!) zu spicken. Auch wenn es anfangs zu Komplikationen mit dem sozialen Umfeld kommt, führt es letztendlich zu lebhaften Diskussionen und Erfahrungsaustauschen.
Mit folgenden drei Beispielen aus der wunderbaren Süßwarenwelt wollen wir zur Kultivierung dieses Themas beitragen.

Mon Cherie
Bei der Königin aller Pralinen ist echtes Feingefühl gefragt. Die von Schokolade und Likör umgebene Piemontkirsche zwischen Daumen und Zeigefinger haltend, versucht man behutsam, die Schokoladenunterseite mit den Zähnen abzuheben.
Hier dürften viele bereits am Ende ihrer kulinarischen Reise angelangt sein. Denn nicht jede Praline macht diesen Spaß mit. Anschließend wird der Inhalt inklusive Piemontkirsche unbemerkt weggeschlürft.
Als Höhepunkt unserer geschmacklichen Erregung setzen wir das Schokohütchen vorsichtig auf die Zungenspitze, lehnen uns zurück und lassen unsere Zunge mit dem Gaumen kopulieren. Die Piemontkirsche, der angebliche Star der Praline, bleibt hierbei also völlig unbeachtet.
Wer jetzt Lust auf Hütchenspiele bekommen hat, wird jedoch noch bis September abstinent bleiben müssen. Ihr wisst schon: Sommerpause.

Bounty
Fakt ist: Schokolade und Kokos werden getrennt voneinander gegessen. Allerdings macht man sich hierbei die Finger ganz schön schmutzig, aber wen stört das schon?
Nach dem Auspacken des kleinen Riegels nimmt man ihn in die Hand und versucht mit den Zähnen, die Oberseite des Schokoladenrocks abzutrennen oder nach und nach abzubeißen. Auf die gleiche Weise arbeitet man sich rundherum. Kleidungsstück um Kleidungsstück, so dass mehr und mehr von der weißen Blöße zu sehen ist. Zu guter Letzt noch die Bodenunterseite, am Ende bleibt der blanke, nackte Kokos.
Was ihr dann mit ihm anstellt, bleibt euch überlassen.

Raffaello
Genuss ganz ohne Schokolade! Woher will man das eigentlich wissen, wenn man die Kokoskugel einfach runterschluckt?
Zur Kontrolle werden wir das Versuchsobjekt wohl zerlegen müssen. Die Komponenten schmecken einzeln sowieso leckerer. Hierbei ist jedoch Fingerspitzengefühl gefragt.
Zu Beginn des Experiments nagen wir mit den Zähnen eine Querbahn über die Kugel, um schnellstmöglich die Schnittstelle der beiden Halbkugeln zu finden. Ziel ist es, so wenig wie möglich Kokos abzutrennen.
Anschließend werden beide Halbkugeln auseinander genommen und anaylsiert. Weil die Mandel sowieso nur zwischen den Zähnen hängen bleiben würde, legt man sie beiseite oder schluckt sie runter. Beide Halbkugeln erfahren nun erotische Streicheleinheiten unserer Zunge, welche die Milchcreme ausleckt, und lassen sich anschließend genüsslich zerknabbern.
Somit sind wir einmal mehr sicher, dass tatsächlich keine Schokolade enthalten ist. Aber auch für die nächste Packung gilt: Kontrolle ist besser!

Noch mehr Rituale
Ähnlich wunderbare Rituale sind auch beim Vernaschen von Hanuta (eigentlich ja Hanusch: Hanuta steht für HAselNUssTAfel. Allerdings wird uns durch die Verpackung klar gemacht, dass es sich hierbei um eine HAselNUssSCHnitte handelt!), Toffifee, Amicelli und sogar beim Big Mäc möglich. Bei Letzterem soll es ja auch hier Leute geben, die den komplett auseinander nehmen. Und auch mit den Prinzenrolle-Keksen ist so einiges möglich…
Nicht zu empfehlen

Bei Giotto, Guildo Horns etwas anderer Nussecke, ist die Zerlegung nun ganz und gar nicht nicht zu empfehlen, da sich hier kein Höhepunkt (und schon gar kein kulinarischer) finden lässt. Nimmt man ein Giotto auseinander, wird man nämlich ganz schnell feststellen, dass die Einzelteile irgendwie nicht so doll schmecken.
Also: Schmeißt’s euch so rein – ganz ohne Ritual!


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Kommentare

Eine Antwort zu „Süßes kreativ genießen“

  1. […] Haselnussschnitte – weshalb das Produkt eigentlich Hanusch heißen müsste – wie wir hier schon mal festgestellt haben. Wenn nun aber dieses Hanuta gar keine Hanu mehr hat, sondern Mandeln […]

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