Abschied vom Salon Silke

Das Friseur-Geschäft am Kremmener Marktplatz wird nach dem Lockdown nicht mehr öffnen – Silke Seifert betreibt Firma seit 28 Jahren – mögliche Nachfolgerin springt wegen der Coronakrise ab

MAZ Oberhavel, 3.2.2021

Kremmen.
In Kremmen endet zum Ende des Monats eine unternehmerische Ära. Am 28. Februar schließt der „Salon Silke“ am Kremmener Marktplatz für immer. Geschlossen ist er genaugenommen schon seit dem 16. Dezember. Seit der Lockdown auch wieder für das Friseurhandwerk gilt. Nun wirft Silke Seifert das Handtuch. Die 58-Jährige gibt das Geschäft auf.

Dass sie selbst als Unternehmerin den Schlusspunkt setzt, hat auch, aber nicht ausschließlich mit der Coronakrise zu tun. Wohl aber, dass der Laden nun ganz schließt, denn eigentlich wollte eine ihrer Mitarbeiterinnen das Geschäft übernehmen. „Sie hat aber der Mut verlassen“, erzählt Silke Seifert. Jetzt, in der Coronakrise etwas Eigenes aufzubauen – das ist schwierig, und das Wagnis wollte sie nicht eingehen. Deshalb wird der Laden gegenüber des Rathauses nicht mehr öffnen. „Ich hatte mit fast 60 keine Lust mehr, Kredite aufzunehmen“, sagt die Friseurmeisterin. „Ich sehe kein Licht am Ende des Tunnels.“ Es sei ja noch immer vollkommen unklar, wann es überhaupt weitergehen könnte.

Schon in der 5. Klasse wusste sie, dass sie Friseurin werden will. „Eine Bekannte meiner Mutter war Friseur, und ich war begeistert, für mich stand das fest.“ 1979 zog sie aus Bärenklau nach Kremmen. Sie begann im selben Jahr ihre Lehre im Salon Werder. „Das war mein Traumberuf.“ Bis kurz nach der Wende arbeitete sie dort und machte sich dann selbstständig. Es folgte die Meisterschule. Ihren ersten Laden eröffnete sie in der Ruppiner Straße, später zog sie an den Marktplatz. Zwischenzeitlich hatte sie auch Geschäfte in Hennigsdorf, Vehlefanz und Oranienburg. „Ich habe 14 Lehrlinge ausgebildet“, erzählt sie. „Viele der Lehrlinge sind selbst erfolgreich geworden, aber die haben jetzt alle zu kämpfen.“ Gerade die, die erst seit wenigen Jahren selbstständig seien, konnten sich noch kein finanzielles Polster aufbauen.

Im Frühjahr 2020, bei der ersten Coronawelle, da sei die finanzielle staatliche Hilfe angekommen. „Das war okay und hat geholfen“, sagt Silke Seifert. Jetzt, bei der zweiten Welle sehe das anders aus. Bislang habe es noch keine Hilfen gegeben, und Friseure könnten, wie sie sagt, überhaupt erst im Laufe des Februars Hilfen beantragen. Die Kremmenerin ist in einer recht großen WhatsApp-Gruppe mit Leuten aus der Friseurbranche aus ganz Deutschland. „Wenn ich lese, was die Mädels da so schreiben. Manche können ihre Miete zu Hause nicht mehr zahlen.“ Einige wüssten nicht mehr, wie sie ihre Brötchen zahlen sollen. „Sie haben alle Angst.“
Vor den zweiten Lockdown sei auch im „Salon Silke“ umgebaut worden. Plexiglas, Desinfektionsmittel. „Wir haben investiert.“ An den beiden Tagen vor der aktuellen Schließungszeit „haben wir durchgearbeitet, auch am Montag, wo wir eigentlich geschlossen haben.“ Sie sagt, wenn sie jetzt nicht den Cut macht, bekäme sie große finanzielle Nöte. „Und das möchte ich einfach nicht mehr.“ Ihr Vermieter sei ihr zwar entgegengekommen. „Aber ich muss das ja trotzdem irgendwann zurückzahlen.“ Es entstehe ein großer Rattenschwanz. Als Konsequenz müssten die Preise nach dem Lockdown nochmals erhöht werden, und das würde dann bei den Kunden zu Unmut führen.

Was kommt danach? „Ich habe Pläne“, sagt Silke Seifert. „Aber dazu werde ich mich noch nicht äußern.“ Es gehe immer weiter. „Man soll nicht den Kopf in den Sand stecken.“ Sie und ihr Mann seien leidenschaftliche Camper. „Wir haben ein Grundstück mit Garten. Alles ist gut. Das Leben genießen – das ist meine Devise.“ Dennoch ist sie traurig, dass es nun vorbei ist. Zumal es durch die Pandemie auch keine Abschiedsfeier geben kann.

Immerhin bleibt der Laden nach dem Aus des Salons nicht lange leer. Wie Silke Seifert verraten hat, wird die Poststelle dort hinziehen. „Das ist für die Leute auch besser, die dort keine Treppen mehr steigen müssen.“ Sie bedankt sich aber schon mal bei allen, die dort gearbeitet und gelernt und sich die Harre machen ließen.


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