Victoria

In zwei Stunden hat sich das Leben von Victoria (Laia Costa) total verändert.
Vor zwei Stunden hat sie noch in der Disco getanzt. Vor knapp zwei Stunden hat sie eine Gruppe Jungs kennengelernt, und der Typ, der sich Sonne (Frederick Lau) nennt, schien ihr besonders sympathisch.
Vor etwas mehr als anderthalb Stunden war sie mit den Jungs auf einem Dach mit Blick auf Berlin.
Vor etwas mehr als einer Stunde fragte Sonne sie, ob sie den Jungs helfen könne. Einen Wagen steuern. Es bestehe keine Gefahr für sie. Sie sei nicht direkt beteiligt.
Vor einer guten halben Stunde stand sie also da – während die Jungs einen Banküberfall verübten.
Und jetzt… Jetzt ist alles anders.

Alles anders. Das trifft auch auf diesen Film an sich zu.
„Victoria“ dauert 139 Minuten. Gedreht worden ist er in einem Take. Nur eine Kamera, kein Schnitt, wir sind in Echtzeit von Anfang bis Ende dabei. Wir laufen von A nach B, fahren Fahrstuhl, warten mit Victoria – und am Ende fragen wir uns, ob denn wirklich nur zwei Stunden vergangen sind.
Sebastian Schipper hat mit „Victoria“ ein echtes Experiment gewagt, und im Grunde genommen ist es auch geglückt.
Die Story ist eigentlich simpel, aber es ist ebend as, was in 139 Minuten machbar ist, wenn man eine Geschichte in Echtzeit (und wirklich Echtzeit) erzählen will. Gerade am Anfang hat der Film deutliche Längen, auch mittendrin scheint ihm die Luft auszugehen. Aber andererseits: So ist das eben im Leben, und hier gibt es eben keine geschnittenen Häppchen, sondern auch der Zuschauer muss erst langsam die Location wechseln.
Dass der Ton manchmal eher nicht so doll ist, dass die Untertitel (Victoria spricht nur Englisch, die Jungs mit ihr also auch) mitunter schlampig redigiert sind – das ist nicht unwichtig, steht aber in diesem Fall hinten an. Auch wenn die Handlung manchmal lahm zu sein scheint – das Gesamtwerk ist interessant und sehenswert.
Frederick Lau spielt einmal mehr fantastisch. Es gibt allerdings auch Szenen, da scheint er wirklich er selbst zu sein. Wenn er sich einmal verspricht und lacht, ist das aber sympathisch, weil es ja trotzdem immer noch „Sonne“ ist. Und auch Laia Costa spielt toll, ein Mädchen, von dem man nicht genau weiß, warum sie sich eigentlich auf das alles einlässt. Vielleicht weil sie sich nach einem Abenteuer sehnt.
Und das ist dieser Film ja auch.

Victoria
D 2014, Regie: Sebastian Schipper
Central, 139 Minuten, ab 12
7/10


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Kommentare

3 Antworten zu „Victoria“

  1. […] Noch immer ist das Image des deutschen Kinos nicht da, wo es hingehört. Dabei gab es 2015 mit “Victoria”, “Jack”, “Who am I” oder “Rico, Oskar und die Tieferschatten” […]

  2. […] gibt es das Experiment – Vorbild war sicherlich der Kinofilm “Victoria” – ja bald wieder. Andere Städte haben da sicher auch ihren Reiz. Vielleicht ja auch mal […]

  3. […] Ende habe ich mir nur den Film “Victoria” für 2,99 Euro mitgenommen. Was anderes besonders Interessantes habe ich dann doch nicht mehr […]

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