Portugal (8): Grândola vila morena

(7) -> 3.3.2013

Portugal ist von der Wirtschaftskrise ziemlich gebeutelt, und die Leute merken das jeden Tag. Auch der Teil meiner Familie, der in Lissabon lebt.
Die Gehälter im öffentlichen Dienst sind drastisch gekürzt worden, heute bekommt man oft nur noch 65 Prozent des Gehalts von vor ein paar Jahren. Die Steuern sind erhöht worden. Die Mieten steigen. Die Fahrkarten für den öffentlichen Nahverkehr sind stark gestiegen. Schülerkarten für Bus und Bahn sind mitunter viermal so teuer wie einst. Die Arbeitslosigkeit wächst – gerade unter den Jugendlichen. Und es wird nicht besser, das macht die Menschen wütend.

Am Sonnabend gingen überall in Portugal die Menschen auf die Straße – zur Manifestación. Auch auf dem Praça do Comércio in Lissabon.
Als wir Ende 2007 dort waren, feierten die Menschen dort ein großes Fest. Bei meiner Rückkehr mehr als fünf Jahre später, treffen sich sich zum Protest.
Schon zu Hause in der Altstadt, haben wir kurz in die Live-Übertragung des portugiesischen Fernsehens RTP reingeschaut, um dann schnell selbst zum Praça do Comércio zu laufen. Wir kamen gerade richtig, als die Masse das alte Kampflied „Grândola vila morena“ anstimmte.
Das Lied schrieb am 25. April 1974 Geschichte. Geschrieben worden ist es vom Liedermacher José Afonso. Es lief nachts im Radio, gesungen vom antifaschistischen Protestsänger Zeca Afonso. Es war damals das Signal für die Bewegung der Streitkräfte und den Sturz der damaligen Diktatur.
Am Sonnabend um Punkt 18.30 Uhr ertönte überall auf den Demos eben jene Version dieses Liedes (Link). Auf dem Praça do Comércio in Lissabon sangen die Menschen lauthals mit, sie hielten Nelken oder Rosen in die Höhe – oder schlicht die geballte Faust. Ein sehr erhebender Augenblick, den ich dort in Lissabon miterleben durfte.


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