Das System – Alles verstehen heißt alles verzeihen

Am Ostseestrand von Warnemünde thront das Hotel Neptun und überstrahlt alles. Bis zur Wende stand für einen Ort in der DDR, in dem die Mauer scheinbar überwunden wird. Westgeld wechselte den Besitzer wahrscheinlich häufiger als Ostgeld. Es ist einst zur Devisenbeschaffung gebaut worden – vor allem für Geschäftsleute aus dem Westen. Willy Brandt war dort. Auch Uwe Barschel. Und Fidel Castro. Die Liste ist sehr lang. „Da wurde Globalisierung betrieben, bevor dieser begriff überhaupt erfunden wurde“, sagt Regisseur Marc Bauder.
Für seinen Film über „Das System“ rollt er die Vergangenheit des Hauses wieder auf. Und nicht nur das: Er zeigt ein Stück Geschichte aus der Nachwendezeit, als reihenweise Akten aus den Archiven der Staatssicherheit verschwunden waren.

Mike Hiller (Jacob Matschenz) bekommt die Vergangenheit deutlich zu spüren. Der 20-jährige Rostocker schlägt sich als Kleinkrimineller durch, bis er Böhm (Bernhard Schütz) kennenlernt, einen alten Freund seines verstorbenen Vaters. Der Mann hat eine Baufirma und einen großen Fisch an der Angel. Böhms Firma soll mit an der Erdgas-Pipeline bauen, die mitten durch Mecklenburg-Vorpommern führt. Wie er an den Auftrag kommt, ist alles nicht ganz astrein.
Mike lernt, dass die alten Seilschaften von vor 1989 immer noch funktionieren. Läuft etwas nicht nach Böhms Geschmack, dann kennt er eben die richtigen Leute, die die richtigen Akten noch in ihren Unterlagen finden.

„Das System – Alles verstehen heißt alles verzeihen“ basiert auf tatsachen und langjährigen recherchen über die Hintergründe des Baus der russischen Gas-Üipeline in Westeuropa. Bauder beruft sich auf die „Spiegel“-Geschichte von 2008 über Matthias Warnig, den Vorstandvorsitzenden der Pipelinebetreiber NordStream AG, der bis zum Mauerfall für die Stasi-Auslandsspionage gearbeitet hat. Auch die Machenschaften alter Stasi-Seilschaften haben sich Regisseur Marc Bauder und die Drehbuchautoren Dörte Franke und Khyana el Bitar nicht ausgedacht.
Der Film zeigt einen jungen Mann, der die DDR nie erlebt hat, der nun, 20 Jahre danach, aber feststellen muss, dass sie im Kleinen noch lebt. Dass es immer noch Menschen gibt, die ihre alten Selilschaften pflegen und auch ihr Wissen über die damalige Zeit. Jacob Matschenz macht das gut. In weiteren Rollen sind jenny Schilynund Heinz Hoenig zu sehen.
Bauders Film ist spannend, er macht stellenweise sprachlos und wütend. Schade, dass „Das System“ weit mehr als ein Jahr auf einen kinostart warten musste.

7/10


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