Friedrichsthaler Ruf

Als 1990 der „Ruf aus Dresden“ in die Welt eilte, ging davon die Hoffnung aus, dass die Frauenkirche wieder eine Zukunft bekommt. Und es hat funktioniert.
Dresden hat also seine Frauenkirche. Friedrichsthal will nun seine Lungenheilstätte. Oder so ähnlich.

Am Grabowsee in Friedrichsthal bei Oranienburg befindet sich das Areal der ehemaligen Lungenheilstätte. Es ist 35 Hektar groß. 30 denkmalgeschützte, allerdings ziemlich verfallene Gebäude stehen drauf.
Ein Herr aus Berlin und seine Organisation möchten daraus eine internationale Akademie für Kinder und Jugendliche schaffen. Für 10 Millionen Euro will er das Areal kaufen, für 44 Millionen Euro will er die Häuser sanieren. Das klingt gut.
Allerdings: Er hat das Geld nicht. Noch nicht, sagt er. Wir alle sollen ganz viel Geld spenden.

Auf seiner Internetseite wird eine schöne Vision einer Kinderakademie geschildert, auch, dass man schon ein Gelände habe, nämlich das am Grabowsee. Es wird sogar so getan, als ob das Gelände dem Verein schon gehöre. Oranienburgs Bürgermeister Hans-Joachim Laesicke freut sich in einem Grußwort, dass bald Kinderlachen auf dem Areal erklinge. Auch er tut so, als ob alles in Sack und Tüten ist. Wie viel Kohle er dem Verein gibt, ist nicht bekannt. Oder ob überhaupt.
Das alles ist jedenfalls nicht sehr seriös und macht für Außenstehende einen falschen Eindruck.
Aber klar, erzählen kann man viel, wenn der Tag lang ist. Träume kann man auch ganz viele haben. Ich kann auch erzählen, dass ich eine tolle Organisation habe, und ich gern ein Gelände am Lehnitzsee kaufen will, mir aber leider die nötigen 132 Euro fehlen.

Der Herr aus Berlin startet nun den „Ruf aus Oranienburg“. Und zieht damit den Vergleich mit Dresden und der Frauenkirche. Dass der Vergleich ziemlich hinkt – nun gut, vielleicht weiß er das auch selbst.
Allerdings scheinen die Oranienburger nicht wirklich interessiert zu sein, dass ein verwittertes Gelände im Nirgendwo saniert wird. Ein Spendenkonzert wurde von den Oranienburgern im vergangenen Jahr weitgehend ignoriert.

Der Vereinschef bewacht nun das Areal. Kaufen oder mieten kann er es nicht, aber absichern. Der Besitzer des Geländes erlaube die Sicherungsarbeiten, sagt er. Ist ja auch klar, der Besitzer freut sich, wenn andere Leute dafür schuften und es bewachen. Dann muss der Besitzer wenigstens keinen Wachschutz bezahlen.

Ich bin gespannt, was daraus wird, bin aber sehr skeptisch. Das Ganze hat weder Hand noch Fuß.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert