20 Jahre danach: Ost und West sind wieder getrennt

Im Zentrum von Berlin sind Ost und West wieder getrennt. Und das ist tatsächlich wörtlich zu nehmen.

Berlin feiert 20 Jahre Mauerfall.
Als ich heute am Bahnhof Brandenburger Tor die U55 verließ, wollte ich mich mit einer Kollegin treffen. Doch uns kam etwas dazwischen: die Mauer.
Die Kollegin war am Reichstag, ich auf dem Pariser Platz, der Ostseite des Brandenburger Tores. Und ihr Weg in den Osten war versperrt.
In dem Augenblick war ich erst ein bisschen angepisst. Und verwundert: Was soll das für ein Signal sein, wenn wegen der ganzen Politikerbesuche und der morgigen Mauerfalljubiläumsveranstaltung das ganze Zentrum dicht ist?

Sie musste mit der U55 vom Reichstag zum Tor kommen. Anders hätte sie es nicht geschafft. Wir sind dann gemeinsam am Tor vorbei zur Ebertstraße gelaufen.
Und dort trafen wir auf die Grenze. Auf einer Mauer. Auf ein unüberwindbares Hindernis. Der Weg in den Westen war dicht.
Und das war dann doch extrem beeindruckend.
Durch das Zentrum, vom Potsdamer Platz bis in die Nähe des Reichstages stehen auf der Mauerlinie 1000 große Dominosteine. Die werden morgen Abend in einer Zeremonie umgestoßen.
Dort, wo die Steine stehen, ist kein Durchkommen mehr. Und das ist ein komisches Gefühl. Man bekommt einen ganz kleinen Eindruck davon, wie das mal war: nicht von hier nach da zu kommen. Etwas, was eigentlich selbstverständlich ist, funktioniert bis morgen nicht.
Eine tolle Aktion, die durchaus zum nachdenken und Erinnern anregt.

Heute probte außerdem Thomas Gottschalk schon mal die morgige ZDF-Übertragung vom Brandenburger Tor. Als er die hochrangigen Politiker als aller Welt ansagte, kamen tatsächlich Leute durchs Tor gelaufen – aber nur Dummies. Jedenfalls sieht Hillary Clinton irgendwie gar nicht aus wie Hillary Clinton. Aber Jon Bon Jovi war dann doch echt, als er auf dem Pariser Platz seinen Auftritt probte.

Wir liefen weiter die Ebertstraße bis zum Potsdamer Platz, immer an der „Mauer“ lang. Immer mit dem Gefühl: Da drüben, auf der Westseite, laufen auch Leute – aber für uns gerade nicht erreichbar.

Morgen werden wir nicht so wirklich mitfeiern können. Wir müssen arbeiten und können, wenn wir Glück haben und nicht so spät Feierabend, die Feier im Fernsehen verfolgen. Ich finde es ein Unding, dass der 9. November in Deutschland kein Feiertag ist. Denn genau dieser Tag ist es, an dem wir wirklich alle zurück denken, uns erinnern und, ja, auch ein bisschen stolz sind auf das, was die Menschen damals bewirkt haben. ich bin jedenfalls in diesen Tagen sehr bewegt. Mir bedeutet dieser 9. November sehr viel. Deshalb bin ich froh, wenigstens heute schon mal am Ort des Geschehens gewesen zu sein.


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