Der Autor Andreas Ulich aus Sieversdorf hat mit „Jeremy und Erbse“
einen Jugendroman mit einer Geschichte aus der DDR geschrieben
MAZ Nordbrandenburg, 15.10.2025
Sieversdorf.
35 Jahre nach der Deutschen Einheit wissen gerade junge Leute oft nicht mehr, was vor der Wende auf beiden Seiten der Mauer los war. Wie eigentlich das alltägliche Leben in der DDR war. Der Autor Andreas Ulich aus Sieversdorf bei Neustadt (Dosse) will das ändern. Er hatte vor einigen Jahren eine seltsame Begegnung: „Junge Mädchen im Westen liefen mit DDR-Taschen herum. Das fand ich komisch.“
Denn einen näheren Hintergrund schien das Accessoire nicht zu haben. Hammer, Sichel und Ährenkranz waren nicht mehr als ein Logo. „Da wäre es doch schön, wenn es Infos gäbe, die auch junge Leute aufnehmen können.“
Am Ende dieser Überlegungen steht nun ein Roman, den Andreas Ulich herausgebracht hat. „Ich wollte beide Seiten sprechen lassen.“
Beide Seiten sind in diesem Fall: Jeremy, zwölf Jahre, aus der DDR, und seine Cousine Erbse, auch zwölf Jahre, aus der Bundesrepublik. Im Juli 1988 treffen sich die Familien an der Ostsee. Jeremy und Erbse stromern zum Strand und verbringen viel Zeit miteinander.
Sie begegnen Karl. Der junge Rostocker will in den Westen flüchten, über die Ostsee. Die beiden Jugendlichen geraten in einen Strudel: Sie wollen Karl bei der Flucht helfen, bekommen es bald aber mit der Stasi zu tun.
Der Roman „Jeremy und Erbse“ von Andreas Ulich ist im Verlag „Gut Pusteblume“ erschienen – passend zum 35. Jubiläum des Tages der Deutschen Einheit. Für die jungen, aber auch für die erwachsenen Leser eröffnen sich einige Einblicke in den Alltag der DDR. Während Erbse überallhin verreisen konnte, blieb das Jeremy in der DDR verwehrt. Während sie im Westen alles sagen konnte, durfte er das im Osten nicht – weil die Stasi mithören konnte.
Dass es vor der Wende auch immer wieder Fluchtversuche über die Ostsee gab, ist kein Geheimnis. Von August 1961 bis November 1989 gab es 5600 Fluchtversuche über die Ostsee. 901 Menschen gelang auf diesem Weg die Flucht, mindestens 174 Menschen allerdings sind gestorben. „Ich habe mir sehr viel über die häufig sehr tragischen Fluchtversuche angelesen“, sagt Andreas Ulich.
Er selbst ist allerdings gar kein Ossi. Er lebte in West-Berlin, unweit der Mauer. „Ich hatte immer Kontakt zu Freunden in der DDR“, erzählt er. 1992 verließ er Berlin und zog nach Halberstadt in Sachsen-Anhalt, später lebte er in Bamberg in Franken. Er ist gelernter Schauspieler und war in Quedlinburg und später in Bamberg am Theater. Auch arbeitet er als Sprecher. Inzwischen ist er nach Brandenburg, nach Sieversdorf, gezogen. Er hat 35 Jahre deutsche Einheit also in Ost und West erlebt.
Ist die deutsche Einheit aus seiner Sicht gelungen? „Damals haben einige versucht, ihre Schäflein ins Trockene zu bringen“, sagt er. Das solle keine Schuldzuweisung sein. „Aber das war damals auch eine Situation, die ganz viele Menschen schwer überfordert hat.“ Für viele sei das ein Grundbegriff der damaligen Zeit gewesen: Überforderung. Die Freude sei groß gewesen, mit den Folgen der Einheit hätten aber viele nicht gerechnet.
Die Überforderung sei in vielerlei Hinsicht nicht aufgefangen worden. „Zu oft wurde in Schemata gedacht und nicht geschaut, was die Menschen in Ost und West konkret brauchen.“ Wobei Andreas Ulich auch die Erfahrung gemacht hat, dass der Osten im Westen Deutschlands, je weiter man von der ehemaligen Grenze weg war, immer weniger eine Rolle gespielt habe.
„Ich weiß nicht, ob die Einheit je vollendet sein kann“, sagt er. „Das wird irgendwann in den Herzen sein, und dazu kann die Politik nur die Wege bereiten. Es liegt an uns, die Einheit zu vollenden. Da sollten wir uns nicht auf die Politik verlassen.“ Dazu müsse auch jegliche Scheu abgelegt werden. So sei er aus Bamberg kommend in Sieversdorf gut aufgenommen worden, erinnert er sich. Mit seinem Roman „Jeremy und Erbse“ will er seinen Beitrag dazu leisten. Ihm sei dabei wichtig gewesen, dass man auch an der Sprache der beiden Jugendlichen erkenne, wer aus der DDR und wer aus dem Westen komme. „Ich musste die beiden klar abgrenzen in ihrer Sprache.“
Was gar nicht so einfach ist, wenn man – wie er – nicht in der damaligen DDR gelebt hat. Grundsätzlich gelingt es Andreas Ulrich ganz gut, Jeremy im „DDR-Deutsch“ sprechen zu lassen. Dazu gehören Wörter wie „urst“ oder „schau“. Redewendungen wie „Ach du meine Nase“ verwendet Jeremy im Roman aber zu inflationär. „Bei Jeremy musste ich improvisieren“, sagt Andreas Ulrich. Aber er habe den Text von einer guten Freundin lesen lassen, die in der DDR groß geworden sei. Sehr gern möchte Andreas Ulich mit seinem Roman in die Schulen, sowohl hier in der Region, als auch an der Ostsee, wo der Roman größtenteils spielt.
Wer mit ihm in der Hinsicht Kontakt aufnehmen möchte, kann ihm schreiben. E-Mail: Andreas.Ulich@web.de.
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