Längere Schließzeiten an Bahnübergängen

In den nächsten Jahrzehnten sollen mehr S-Bahnen fahren – was das für die Schranken und den Verkehr in Borgsdorf, Velten und Tegel bedeutet

MAZ Oberhavel, 22.8.2024

Oberhavel/Berlin.
Es sind große Ankündigungen: Auf vielen Strecken der Bahn sollen in den nächsten zehn bis 15 Jahren die Takte verringert werden. Zwischen Berlin-Schönholz und Hennigsdorf sollen die S-Bahnen auf lange Sicht alle zehn Minuten fahren.
Zwischen Hennigsdorf und Velten könnte sie neu hinzukommen und dann alle 20 Minuten pro Richtung unterwegs sein. Auch die S-Bahn nach Oranienburg soll irgendwann alle zehn Minuten fahren.

Mehr Züge bedeutet aber auch eine größere Auslastung der Schienen. Und die bedeutet wiederum entlang der Strecken längere und öftere Schließzeiten an den diversen Bahnübergängen.

Zum Beispiel am Bahnhof in Borgsdorf. Die Menge der Züge, die den Bahnübergang passieren, ist jetzt schon enorm. Es fahren die S-Bahn, eine Regionalexpress-Linie, vier Regionalbahn-Linien und ein Intercity. Hinzu kommen Güterzüge, am Tage vereinzelt, in der Nacht häufiger.
Angenommen, die S-Bahn fährt im Zehn-Minuten-Takt, dann passieren jede Stunde mehr als 20 Züge den Bahnübergang in Borgsdorf. Ist dann überhaupt noch Zeit für eine Schrankenöffnung?
„Die Verwaltung ist sich der Problematik bewusst, dass durch die erheblichen Schließzeiten der Schranken Einschränkungen in der Alltagsmobilität bestehen, vor allem für die Bewohner östlich der Gleise“, sagt Daniel Dinse, Pressesprecher der Stadtverwaltung in Hohen Neuendorf.
„Was den Rettungsdienst angeht, so verfolgt die Stadt weiterhin den Lösungsansatz, den Waidmannsweg bis zur Straße Am Waldfriedhof in Birkenwerder auszubauen“, so der Sprecher weiter. „Davon würde auch der Fuß- und Radverkehr profitieren. Einsatzfahrzeuge könnten dann ohne Wartezeit den östlichen Bereich von Borgsdorf erreichen. Hierfür ist gegenwärtig die Planungsleistung ausgeschrieben.“
Oder wäre es sinnvoll, eine Brücke oder einen Tunnel zu bauen? Ginge das überhaupt? „Die Schaffung einer nicht-niveaugleichen Bahnquerung am Bahnhof Borgsdorf wurde zuletzt im Rahmen des Quartierskonzeptes Borgsdorf geprüft, im Mai 2023“, erklärt Daniel Dinse. „Die Untersuchung ergab, dass der Bau einer Brücke oder eines Tunnels extrem teuer sein würde und eine Kostenübernahme durch externe Akteure sehr unwahrscheinlich ist.“
Zudem würden ein Tunnel oder eine Brücke einen enormen Eingriff in das Stadtbild bedeuten. „Die Länge des Tunnelbauwerkes inklusive Rampen wurde hierbei mit rund 160 Metern angegeben.“
Eine Veränderung des Bahnübergangs oder der Bau einer Überführung erfordere in jedem Fall ein Planfeststellungsverfahren. „Die gesamte Realisierungszeit dürfte bei sieben bis zwölf Jahren liegen.“
Die Stadt Hohen Neuendorf habe dennoch im Haushaltsentwurf der beiden kommenden Jahre Mittel angemeldet, „um zu untersuchen, ob und gegebenenfalls wie dort die Situation verbessert werden könne.“

In Velten ist der Bahnübergang in der Rosa-Luxemburg-Straße betroffen. Dort sind bislang nur Regionalzüge unterwegs. Wenn dort die S-Bahn irgendwann in den 2030ern hinzukommt, steigt auch dort die Zahl der Schrankenschließungen. In der Stadtverwaltung sieht man darin aber kaum ein Problem.
„Am Bahnübergang Rosa-Luxemburg-Straße kann sich zur Hauptverkehrszeit etwas Stau entwickeln, aber von einem Brennpunkt können wir hier nicht sprechen“, sagt Susanne Zamecki, die Sprecherin der Verwaltung in Velten. „Fährt Mitte der 30er-Jahre die S-Bahn, wird die Schranke öfter unten sein als heute, in jedem Fall alle 20 Minuten.“ Wobei die S-Bahn in beiden Richtungen alle 20 Minuten fahren würde.
„Inwiefern sich das auf die Verkehrsströme auswirkt und wie die Stadt das lösen kann, wird Teil des Verkehrsgutachtens, das in einem weiteren Schritt und noch vor der weiteren Entwicklung des Gebietes Nauener Straße beauftragt wird“, so Susanne Zamecki weiter. Gespräche mit der Bahn gebe es dazu bislang nicht.

Wenn sich die Schranken in der Gorkistraße in Berlin-Tegel schließen, kann es auch schon mal länger dauern. Gerade im Kreuzungsbereich zur Buddestraße bilden sich während der Schließzeiten schon mal längere Staus. Wenn die S-Bahn auch dort alle zehn Minuten fahren soll, dann könnte sich die Lage verschärfen.
Im Bezirksamt Reinickendorf von Berlin ist das allerdings derzeit noch kein Thema. „Die Verantwortung für einen möglichen Umbau des Bahnübergangs an der Gorkistraße liegt bei der Deutschen Bahn AG“, teilte ein Sprecher mit.
„Sobald die DB eine Ausführungsplanung vorgelegt hat, wird dieser mit dem Fachbereich Straßen abgestimmt.“ Dem Bezirksamt Reinickendorf sei derzeit nicht bekannt, ob die DB bereits mit Planungen begonnen hat.

„Mit dem Thema Bahnübergänge beschäftigen wir uns in vielen i2030-Teilprojekten“, sagt Elke Krokowski, die Sprecherin des VBB, Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg GmbH. „Die länderseitig beauftragten Planungen, die durch gebundene Planungsbüros der DB InfraGO AG durchgeführt werden, sollen diese Fragen klären.“

Bei den geplanten Taktverdichtungen auf den Strecken werde innerhalb der Vorplanung auch für den geplanten Zehn-Minuten-Takt der S1 nach Oranienburg, der S25 nach Hennigsdorf und der S-Bahnverlängerung nach Velten untersucht, wie sich die zusätzlichen Schienenangebote auf die weiteren Verkehre – unter anderen auch Rettungsdienstfahrzeuge – auswirken.
„Bahnübergänge müssen aufgrund eines Schienenausbaus nicht zwangsläufig beseitigt werden“, so Elke Krokowski weiter. „Es handelt sich jeweils um Einzelfallentscheidungen auf Grundlage der verkehrlichen und betrieblichen Konzepte.“

Mit den Ergebnissen zum Beispiel aus Verkehrszählungen würden individuelle Lösungen zwischen den i2030-Partnern und den Kommunen erarbeitet.

„Im Falle, dass die Einflüsse zu groß sind und keine sinnvollen Umfahrungsmöglichkeiten existieren, muss der Ersatz von Bahnübergängen durch höhenfreie Lösungen, zum Beispiel Brücke oder Unterführung, besprochen und die Finanzierung geklärt werden“, so die Sprecherin.


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