Überflieger: Vom Henriette-Gymnasium auf die Opernbühnen

Vincent Wilke (29) aus Leegebruch studiert klassischen Gesang und Operngesang in Leipzig – in Oranienburg bietet er eine Konzertreihe an

MAZ Oberhavel, 29.4.2023

Leegebruch.
Schon bei den Schulkonzerten im Oranienburger Louise-Henriette-Gymnasium (LHG) stand Vincent Wilke oft auf der Bühne. „Das waren eher Popsachen, aus Spaß, ohne Hintergedanken.“ Damals dachte der 29-jährige Leegebrucher noch nicht an eine musikalische Karriere. Inzwischen beschäftigt er sich mit klassischem Gesang und Operngesang. Er absolviert ein Studium an der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig. Am Sonnabend gibt er ein Konzert in der Oranienburger Orangerie.

„Das war erst gar nicht mein Plan“, erinnert er sich. 2012 machte er am LHG sein Abitur. Zunächst wusste er nicht so genau, wie es weitergehen sollte. „Ursprünglich bin ich dann nach Leipzig, um Physiotherapeut zu werden“, erzählt er. „Ich habe da aber gemerkt, dass es doch nicht so meins ist. Ich dachte, das gefällt mir, weil ich gern Sport mache.“ Er begann stattdessen eine Logopädie-Ausbildung – und er begann, sich für das Singen zu interessieren.

„Das Chorsingen hat mich immer interessiert“, sagt Vincent Wilke, „und ich habe es dann einfach mal ausprobiert.“ Er schloss sich einem Leipziger Kirchenchor an. Es sei der Moment gewesen, der ihn bei Null mit dem Singen beginnen ließ – und ihn dann auch mit seiner ersten Gesangslehrerin zusammenführte.
„Singen ist etwas sehr Körperliches, fast wie Sport“, so der 29-Jährige. Im Chor zu singen, das habe ihm unheimlich viel Freude gegeben. „Das ist wie Nach-Hause-kommen.“ Die Arbeit an der Stimme und am Gesang sei hart gewesen. „Die Gesangstechniken haben endlos viele Aspekte.“ Gerade der klassische und der Operngesang hätten etwas sehr Künstliches, Übersteigertes. „Man muss ja einen ganzen Theaterraum mit der Stimme füllen, das bedarf viel Training.“

Vincent Wilke wollte mehr. „Ich habe dann relativ schnell Ambitionen entwickelt, dem Landesjugendchor beizutreten. Ich habe dort viele Leute in meinem Alter kennengelernt, im Kirchenchor waren ja eher ältere Leute.“ Während er im sächsischen Landesjugendchor aktiv war, setzte er aber auch seine Logopädie-Ausbildung fort und beendete sie auch.
Aber die Liebe zur Musik war inzwischen zu groß geworden. Er schrieb sich für ein Studium der Musikwissenschaften an der Uni Leipzig ein. „Das war aber nur zur Studienvorbereitung“, sagt er. Ein Jahr später begann dann sein eigentliches Studium für klassischen Gesang und Operngesang.
„Ich wollte vor allem erst mal singen lernen“, sagt Vincent Wilke. „Man kann viel machen als Sänger. Im Theater im Chor oder auch als Solist.“ Man könne auch im Rundfunkchor singen, Gesang unterrichten. „Ich wusste am Anfang noch nicht, was ich will.“
Klassische Musik und Opern mochte er aber schon immer. „Meine Eltern waren mit mir in klassischen Konzerten.“ Sehr eindrücklich in Erinnerung sei ihm zum Beispiel „Die Zauberflöte“.

Sein Studium läuft noch, er ist jetzt im zweiten Semester des Master-Studiums. Durch Corona habe es einige Verzögerungen gegeben. „Aber es macht viel Spaß.“ Hat er denn schon viel lernen können? „Das Studium prägt die komplette Persönlichkeit“, sagt er. „Weil es sehr intensiv ist. Es geht viel auch um Selbstreflexion.“ Was er bislang am meisten im Studium mitgenommen habe, sei, „die Ruhe in mir und ganz klar ein Ziel zu finden.“ Das ist ihm scheinbar gelungen. „Ich würde sehr gern ans Theater“, sagt er. „Und gerne auch unterrichten, weil ich das sehr gerne mache.“

Momentan ist die Kulturbranche ein wenig in der Krise – erst die Coronapandemie, dann der Ukraine-Krieg mit den darauf folgenden Preissteigerungen. Gerade Corona habe „unglaublich viel kaputt gemacht“, sagt Vincent Wilke. „Aber ich habe den Eindruck, dass die Leute wieder zurückkommen, wieder viel mehr in die Konzerte gehen und sich auch wieder in die Konzertsäle trauen.“ Während der Pandemie habe noch sehr viel Vorsicht geherrscht. „Wir als Kulturschaffende müssen einfach versuchen, Angebote zu schaffen, die die Menschen interessieren.“

Er selbst steht auch schon auf der Bühne. An der Oper in Leipzig hatte er im Lohengrin einen kleinen Solopart. „Das war toll.“ Aber er engagiert sich auch für seine Heimat. Gemeinsam mit seiner Verlobten Sarah Kollé veranstaltet er in Oranienburg eine Reihe für klassische Kammermusik – das nächste Mal an diesem Sonnabend, 29. April. „Die Reihe sollte eigentlich im Schloss stattfinden.“ Mittelfristig sei das auch weiterhin so geplant, aber aus technischen Gründen musste das Konzert in die Orangerie umziehen.
Geboten wird am Sonnabend impressionistische Liedkunst von Ravel, Debussy und Poulenc, die auf die romantische Opernliteratur der französischen Meister Gounod, Massenet und Bizet trifft. „Vive la France“ ist der Titel des Konzertes. Bariton Vincent Wilke steht gemeinsam mit der Sopranistin Sarah Kollé mit Ulrich Pakusch am Klavier auf der Bühne. „Wir wünschen uns, dass unsere Konzertreihe gut läuft“, sagt der Leegebrucher. „Wir wollen den Menschen in unserer Heimat schöne Abende bereiten.“


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