Leute, Leute: Wer selbst nicht mehr über wichtige Belange entscheiden kann, erhält Hilfe

Liane Hoffmann und Jan Buchholz sind rechtliche Betreuer beim Märkischen Sozialverein

MAZ Oberhavel, 3.8.2022

Oranienburg.
Wer wegen Krankheit, des Alters, eines Unfalls oder einer Behinderung nicht mehr für sich selbst Entscheidungen treffen kann, braucht einen gesetzlichen Vertreter. Was umgangssprachlich „Vormund“ genannt wird, gibt es aber seit 1992 – mit Beschluss des Betreuungsgesetzes – nur für Minderjährige. Stattdessen gibt es die rechtliche Betreuung. Der Märkische Sozialverein in Oranienburg ist seit September 1992 anerkannter Betreuungsverein – seit nun fast 30 Jahren. Unterwegs sind sie in ganz Oberhavel.

Liane Hoffmann ist von Anfang an dabei, und auch Jan Buchholz gehört zum fünfköpfigen Betreuerteam. Hinzu kommen zwei Bürokräfte. Sie sind feste Ansprechpartner für rechtlich betreute Personen, für ehrenamtliche Betreuer, aber auch für Menschen, die sich für eine rechtliche Betreuung interessieren und vielleicht so eine Betreuung führen möchten.

Derzeit werden 160 Menschen ab 18 Jahren bis ins hohe Alter betreut. Aber wie kommen diese Leute mit den Betreuern zusammen? „Ein Bürger bekommt mit, dass jemand seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann“, erzählt Jan Buchholz. „Er wendet sich an das Gericht oder an die Betreuungsbehörde, die sehen sich denjenigen an.“ Es werde ein Gutachten erstellt, das Gericht entscheide dann, ob eine Betreuung eingerichtet werde oder nicht. „Wir bekommen dann einen Anruf von der Betreuungsbehörde“, ergänzt Liane Hoffmann. Es könne dann eilig sein, so ein Beschlussverfahren könne sich aber auch drei bis sechs Monate hinziehen. Die Betreuung gelte dann auch nur für den Bereich, wo es nötig sei.
„Es sind verschiedene Krankheitsbilder, die uns in unserem Beruf begegnen“, so Liane Hoffmann weiter. Dazu gehören beispielsweise psychische Erkrankungen oder geistige oder körperliche Behinderungen. „Die Betroffenen schaffen es nicht mehr, für sich Anträge zu stellen, den Mietvertrag zu kündigen, einen Pflegevertrag mit der Hauskrankenpflege zu schließen, medizinischen Behandlungen zuzustimmen oder abzulehnen oder Schulden zu regulieren.“ Der gesetzliche Vertreter werde dann beauftragt, die hilfebedürftige Person in Vermögens-, Behörden-, Sozialhilfe-, Renten- oder Versicherungsangelegenheiten oder auch in der Gesundheitsvorsorge zu unterstützen.

Jede volljährige Person könne dies aber auch umgehen, denn alle haben die Möglichkeit, über eine Vorsorgevollmacht rechtzeitig eine Person des Vertrauens zum Vertreter zu bestimmen. „Gibt es keinen Bevollmächtigten, wird das zuständige Amtsgericht einen rechtlichen Betreuer für den Betroffenen bestellen“, so Liane Hoffmann weiter.

„Es sind schon krasse Fälle dabei“, erklärt sie. Es seien Leute, die ein persönliches Schicksal haben. Ein Herr stand mitten im Leben. Aber dann Scheidung, und durch seine bipolare Störung kam es dazu, dass er Geld verschenkte und nicht in der Lage war, sich selbst zu versorgen. Er sei fast verwahrlost. „So fangen unsere Betreuungen manchmal an.“ Das Team sei oft auch Übermittler schlechter Botschaften. Auf entsprechende Reaktionen müssten sich die Mitarbeitenden einstellen. Jeder von ihnen habe 30 bis 40 Klienten. „Der Ruf ist ja oft: Der Betreuer lässt sich ja nie blicken“, so Liane Hoffmann. „Aber wir müssen schauen, wo wir uns Zeit abknapsen können. Sie selbst macht das nun drei Jahrzehnte lang. „Es ist eine tolle Arbeit“, sagt sie. Aber auch: „Die Problemfelder sind heute kompakter und intensiver. Vertrauen ist dabei das A und O. Die Klienten müssen sich darauf verlassen, dass Dinge im Raum bleiben.“ Es gehe dabei auch nicht darum, ihre eigenen Ideale anderen überzustülpen. „Ich muss den Klienten eine oder mehrere Brücken bauen. Es ist dann spannend zu sehen, welche er wählt. Und ich muss es aushalten, wenn es nicht die richtige Brücke war.“
Aber es sei dann schön zu sehen, welchen Weg der Klient wählt und wie er es geschafft habe, Auswege zu finden, wie Dinge getan werden, die er sich selbst nicht zugetraut habe. Jan Buchholz ergänzt, dass es hin und wieder auch besser sei, wenn Außenstehende eine Situation betrachten als die eigene Familie.

Beim Märkischen Sozialverein kümmert man sich aber auch um ehrenamtliche Betreuer, die sich dorthin wenden können. Regelmäßig finden Schulungsveranstaltungen für sie statt. Diese können auch von Bevollmächtigten besucht werden. „Wir geben auch Tipps bei der Erstellung einer Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung“, so Liane Hoffmann.


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