Der lange, aufregende Abend mit Eddy

Es war ein langer Theaterabend, aber einer der sich sehr gelohnt hat. Eigentlich waren es sogar zwei Stücke, die am Sonnabend in der „Wabe“ in Berlin-Prenzlauer Berg aufgeführt worden sind. Wohl zum allerletzten Mal übrigens.
Aber „Das Ende von Eddy“ und „Wer hat meinen Vater umgebracht“ bauen aufeinander auf, sind in der Romanfassung auch vom selben Autor, von Edouard Louis.

Unter der Regie von Alexander Weise spielte das Eddy-Projekt – bestehend aus vier Schauspielerinnen und Schauspieler und fünf Laien – alles Jugendliche.
Nicht die Bühne war die Spielfläche, sondern die runde Arena in der Mitte, das Publikum saß drumherum.

Wir erleben Eddy. Neunmal, dargestellt von den neun Personen in diesem Stück. Er lebt in der französischen Provinz. Eddy hat es schwer. Er ist anders. Irgendwie weibisch, findet sein Vater. Er wird gehänselt, gemobbt, auch geschlagen. Die Schule ist die Hölle, auch wenn er den Unterricht selbst eigentlich ganz okay findet. Aber auch zu Hause findet er kaum Verständnis. Sein Vater ist fies zu ihm.
Es sind Monologe, Dialoge, Sprechchöre, einzelnen Szenen, Installationen, musikalische Bilder – auf diese Weise wird von Eddy erzählt. Davon wie er geschmäht, verschmäht wird, wie er leidet – und er wie beobachtet und die Dinge beurteilt. Da ist Trotz, Wut, auch Traurigkeit und Galgenhumor.
Es sind viele fesselnde Momente dabei, bedrückende, traurige. Die Gruppe dabei zu beobachten, ist extrem interessant, auch wenn die Inszenierung letztlich auch Längen aufweist und einige Redundanzen hat.
Denn die Pause kommt nach zwei Stunden (!), um eine gute halbe Stunde hätte man das alles zusammenstreichen können, ohne dass der Sinn verloren gegangen wäre.

Nach der Pause kommt Teil 2, der komplett anders ist. Der Schauspieler Jonathan Berlin steht gute 45 Minuten allein in der Arena, auf der Bühne. Er spielt einen jungen Mann (Eddy? Man erfährt es nicht, aber man kann stark davon ausgehen), der über seinen Vater spricht.
Denn inzwischen sieht der Mann seinen Vater anders. Er hat ihn scheinbar neu kennengelernt, neu verstehen gelernt. Und er erzählt davon, „Wer hat meinen Vater umgebracht?“ Und er berichtet nicht nur davon, wie liebevoll sein Vater auch sein konnte. Er erzählt auch von einem schweren Arbeitsunfall, der ihn von da an körperlich stark beeinträchtigte. Und wie die Politik alles schlimmer gemacht hat, in dem Mittel gekürzt, die Armen und Schwachen weiter ausgenommen wurden. Es ist harter Tobak, der nachdenklich macht.
Toll gespielt von Jonathan Berlin, der seine Wut, seine Enttäuschung und auch seine Liebe darlegte.

Fast dreieinhalb Stunden – mit Pause – und dennoch alles in allem ein kurzweiliger Theaterabend mit hervorragenden Darstellerleistungen, toller Begleitmusik (im ersten Teil live von David Schwarz und teilweise von den Darstellern selbst eingespielt) und einer aufregenden Choreografie.


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