MO 23.11.2020 | 20.15 Uhr | Das Erste
Das Thema war schwierig, der Film dennoch eine Wohltat. Denn er bot etwas, was auch in einer Zeit mit vielen Talkshows oft kaum noch möglich ist: ein ganz konzentrierten Austausch von Meinungen.
In Berlin verhandelt der Ehtikrat. Richard Gärtner ist 78, und er will sterben. Seine Frau ist tot, nun will er selbst auch nicht mehr weiterleben. Seine Hausärztin weigert sich, ihm das tödliche Medikament zu geben.
Hat sie damit recht? Oder hat der Senior das Recht, sich das Leben zu nehmen? Egal aus welchen Gründen?
Der gut 90 Minuten Film besteht ausschließlich aus der Verhandlung. „Gott“, nach einem Theaterstück von Ferdinand von Schirach, lief am Montagabend zur besten Sendezeit im Ersten.
Am Zeitpunkt der Ausstrahlung gab es teilweise Kritik. Angesichts dessen, dass in Pflegeheimen Menschen wegen des Coronavirus sterben, sei es unglücklich, nun über Sterbehilfe zu diskutieren.
Den Vorwurf aber kann man der ARD nicht machen. Aktuelle Probleme können nicht zwingend dafür sorgen, andere Probleme beiseite zu schieben, weil sie eventuell jetzt unangenehmer sein könnten als sonst. Und bei der Sterbehilfe geht es um ein wichtiges Thema.
Das Faszinierende an „Gott“: 90 Minuten ging es nur darum, Menschen zuzuhören. Ihren Argumenten dafür oder dagegen zu lauschen. Es äußerten sich Vertreter des Staates, es ging um die Gesetzteslage, es ging um den religiösen Standpunkt, um den Standpunkt des Betroffenen. Monologe, Dialoge. Jeder konnte ausreden, es gab keine Tumulte. Einer nach dem anderen.
Und der Zuschauer dazwischen, der sich Gedanken machen konnte, welche Argumente schlüssig sind und welche vielleicht nicht. Ganz am Ende hatten die Zuschauer die Möglichkeit abzustimmen: Sollte Richard Gärtner das Medikament bekommen? Gut 70 Prozent stimmten dafür.
Die Diskussion ist deshalb so spannend und schwierig, weil es in „Gott“ nicht um einen schwerkranken Mann ging. Er war nicht unmittelbar dem Tode geweiht. Der Mann wollte einfach nicht mehr.
Das Gesetz jedoch macht keinen Unterschied, ob der, um den es geht, schwerkrank, todkrank oder gesund ist. So hätte ich vermutlich im konkreten Fall mit Nein gestimmt, im Fall eines schwer- oder todkranken Menschen wohl eher mit Ja. Und vielleicht gab es ja auch unter den Zuschauern vor dem Fernseher entsprechende Diskussionen.
Eigentlich war die folgende Diskussion bei „hart aber fair“ deshalb vollkommen überflüssig, denn im Film selbst war ja alles schon gesagt.
-> Der Film in der ARD-Mediathek (bis 23. Dezember 2020)
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