Prinz mit Hang zum Sterben

Abiturienten des Oranienburger Louise-Henriette-Gymnasium präsentieren „Richard III.“

MAZ Oberhavel, 4.3.2019

Oranienburg.
Richard muss erst mal ein paar Selfies mit Theaterbesuchern machen. Das ist einerseits schön, andererseits – und das wissen die Theaterbesucher zu diesem Zeitpunkt noch nicht: Richard macht normalerweise Selfies von den Leuten, die er gerade umgebracht hat. Um das vorweg zu nehmen: Richard macht im Laufe der folgenden gut 75 Minuten öfter mal mörderische Fotos mit dem Handy.

Es ist eigentlich ein ziemlich harter Brocken, den sich die Zwölftklässler des Oranienburger Louise-Henriette-Gymnasiums da ausgesucht haben. Der Kurs Darstellendes Spiel unter der Leitung von Achim Dawid zeigte am Freitag- und Sonnabendabend in der Aula Shakespeares „Richard III.“. Das Stück ist ursprünglich von 1592 und spielt – irgendwie – im 15. Jahrhundert, die Theatergruppe zeigte aber eine moderne Bearbeitung von Heleen Verburg von 2010.

Es geht um Richard, und dieser Richard will unbedingt König werden. Dafür geht er über Leichen. Klingt einfach, aber es gibt da diverse Familiengeflechte, und der Erzähler (Julius Nitz) des Stückes bemerkt auch gleich: „Das ist ja schon ziemlich kompliziert, aber so war das damals nun mal.“

Ist es aber letztlich doch nicht. Vielmehr ist es ein großes Vergnügen, den jungen Theaterleuten zuzusehen. Spannend: Richard bekommt im Laufe des Stückes verschiedene Darsteller. Zunächst spielt Kevin Borchert den wunderlichen Mann, der ein Bein nachzieht – das macht er wunderbar. Später wird er – es gab da einen kleinen Zwischenfall – von Annemarie Simon abgelöst, noch später folgt Anne Abraham.
Dann wäre da noch der jugendliche Prinz (Theodor Grüber). Er verrät den Zuschauern gleich am Anfang, dass er im Laufe des Stückes sterben will und kommt immer mal wieder, um zu zeigen, wie denn das geschehen könnte – er hat offenbar einen Hang zum Sterben. Wie Theodor Grüber das spielt, mit einem herrlich übertriebenen Lächeln und großer Spielfreude, das ist ihm sehr gelungen. Wie überhaupt viele Mitglieder aus dem Ensemble immer wieder gute Solo-Momente haben, die zu Lachern führen.
Da gibt es zwischendurch mal einen aufreizenden Tanz zu einer Popnummer – wonach die Mädchen feststellen, dass das für eine Geschichte von damals ja doch ziemlich doof sei. Oder die Ensembletanzszene, nach der am Ende fast alle tot auf dem Boden liegen. „Richard III.“ bot vieler dieser außergewöhnlichen Momente.

Es war die 27. Inszenierung von Lehrer Achim Dawid. Er sagte am Sonnabend, das Tollste für ihn sei nicht die Aufführung, „sondern der Weg dahin. Charaktere und Persönlichkeiten sind hier gereift.“ Noten für die öffentliche Aufführung gebe es nicht. „Sie müssen frei davon sein, wenn sie auf der Bühne stehen.“ Um Noten für die Bühnenfähigkeiten gehe es schon vorher.
„Ich bin erleichtert“, sagte Richard-Darsteller Kevin Borchert (17) aus Oranienburg nach der Aufführung am Sonnabend. „Zur Premiere waren wir deutlich angespannter.“ So schätzt das auch Julius Nitz (16) aus Vehlefanz, der im Stück der Erzähler war, ein. Die Anspannung falle nun ab – nun geht es für alle um das Abi.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert