Wer klingelt denn da?

Gräberweihe. Andacht auf dem Katholischen Friedhof in Oranienburg. Vor der Trauerhalle steht der Pfarrer, alle singen gemeinsam ein Lied.
Ein Handy klingelt. Etwas dumpf, es muss in einer Handtasche liegen. Es bimmelt leise vor sich hin.

Plötzlich löst sich ein Mann aus der Menge. Peinlich berührt läuft er ein paar Meter und hat sein Handy in der Hand.
Allerdings: Es klingelt immer noch. Aber nicht bei dem Mann, sondern genau an derselben Stelle wie vorher auch.
Plötzlich löst sich eine Frau aus der Menge. Peinlich berührt und sich flüsternd entschuldigend läuft sie ein paar Meter und hat ihr Handy in der Hand.
Allerdings: Es klingelt immer noch. Aber auch nicht bei der Frau, sondern immer noch genau an derselben Stelle wie vorher auch.
Ich sehe es genau, wo das Bimmeln herkommt, und mein Hörsinn hat mich nicht getrübt. Zwei Leute haben sich schon irrtümlich entschuldigt und entfernt. Nur die ältere Dame, die die wahre Übeltäterin ist, bemerkt die Klingelei nicht.

Irgendwann dann aber doch. Sie dreht sich um und läuft los. Peinlich berührt und mit rotem Gesicht lächelnd läuft sie ein paar Meter – und geht ans Handy.
Sie beginnt ein Gespräch, und wie Flüstern funktioniert, hat sie vergessen. Sie teilt ihrem Gesprächspartner mit, dass sie gerade auf dem Friedhof sei, sie könne gerade nicht sprechen. Damit fängt sie sich ein paar böse Blicke ein. Nach einer guten halben Minute beendet sie das Telefonat und schleicht in die Masse zurück, die inzwischen der Pfarrerspredigt folgt.


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