Wenn aus einem Chat ein Krimi wird

Fabian (27) aus Oranienburg ging Internet-Faker auf den Leim – die Verbraucherzentrale warnt davor, Privates zu verschicken

MAZ Oberhavel, 30.8.2016

Oberhavel.
Diese Geschichte fängt harmlos an, wird dann zu einem Rätsel und entwickelt sich zu einem echten Krimi. Stichwort: Internet-Faker. Dabei wollte Fabian (27)* aus Oranienburg eigentlich nur jemanden kennenlernen. Er ist Single und auf der Suche nach einem Freund. Er ist täglich auf der Datingplattform Planetromeo unterwegs. Chats gibt es da immer wieder. „Ab und zu auch mal ein Date, aber nichts Festes“, sagt Fabian.

Diesmal aber war alles anders. Norman spricht ihn eines Tages an. Er ist etwas jünger als er und wohnt auch in Oranienburg. Die beiden kommen ins Gespräch, sie sind sich sympathisch. Nach ein paar Tagen tauschen sie Handynummern aus und wechseln zu WhatsApp.
Fabian erfährt, dass Norman Nachtschichten schiebt, und so schreiben sie immer spätabends, telefonieren auch mal miteinander, tauschen sich Fotos aus. „Ja, auch sehr eindeutige Fotos“, sagt Fabian. Sie wollen sich unbedingt mal treffen, wenn es zeitlich passt. Sie haben auch Kontakt, als Norman im Urlaub ist – mit den Eltern irgendwo im Norden.

Alles scheint wunderbar und auf etwas mehr hinauszulaufen. Dann aber schreibt Norman plötzlich, dass er den Kontakt sofort abbrechen würde. Fabian solle nicht nachfragen, und er würde sich nur aufregen, wenn er den Grund erfahren würde. Von einer Minute auf die andere war Schluss.
„Ich war erst mal vor den Kopf gestoßen, aber was sollte ich machen?“, sagt Fabian. Und so verlief das alles im Sande. „Irgendwann habe ich nicht mehr drüber nachgedacht.“ Der WhatsApp-Kontakt war blockiert.

Erst gute zwei Monate später hat die Geschichte eine völlige Wendung genommen. „Ich habe etwas auf WhatsApp gesucht und bin ältere Chats durchgegangen“, erinnert sich Fabian. Da tauchte plötzlich neben einer Telefonnummer, die keinem Namen zugeordnet war, ein Profilfoto auf. „Der Typ kam mir bekannt vor“, sagt Fabian. Und dann wusste er es: Zu sehen war der junge Mann, mit dem Fabian Monate zuvor gechattet hatte: Norman. Selbe Nummer wie vor zwei Monaten. Nur mit dem Unterschied, dass an dieser Stelle damals noch ein anderes Foto zu sehen war. Das jetzt ist nicht Norman.

„Jetzt ratterte es in mir“, sagt Fabian. Der Typ, der nun im Profilfoto zu sehen ist, ist nicht Norman, sondern Manfred, ein Bekannter eines Freundes von Fabian. Der wohnt auch nicht in Oranienburg, sondern im Norden von Oberhavel. Dieser Manfred wiederum war in Fabians guten Freund unglücklich verliebt. Wer aber war der junge Mann, der vor zwei Monaten auf dem Foto zu sehen war? Manfred jedenfalls nicht. „Ich wusste ja noch, dass er Manfred heißt. Also suchte ich auf Facebook sein Profil, fand es und ging dessen Freundesliste durch.“
Fabian fand das Foto ganz schnell. Das Foto mit dem Mann, von dem Fabian glaubte, mit ihm in Kontakt zu stehen. Er heißt tatsächlich Norman, ist aber kein Nachtwächter und wohnt auch nicht in Oranienburg, sondern im Oberhavel-Süden. „Ich schrieb diesen Norman auf Facebook an“, erzählt Fabian. Tatsächlich antwortete er.

Der echte Norman ist kein Nachtwächter, er ist nicht mal schwul. Und dass sich im Internet jemand als er ausgegeben hat, dass jemand seine Fotos verschickt hat – das ist ihm neu. „Komischerweise fand er das gar nicht so schlimm.“ Fabian jedenfalls schreibt Manfred (alias Norman) auf WhatsApp, dass er aufgeflogen sei. Auch auf Facebook schreibt er ihm. „Ich denke mal, er hat es gelesen, dann aber hat er mich blockiert.“ Für Fabian war das ein harter Brocken.
Denn: Wochenlang chattete er jemandem, der komplett log. Weder war er der Mann, für den er sich ausgab, auch war er nicht auf Nachtschichten, und eigentlich wollte er wohl nur rausfinden, ob mit dem anderen Freund was läuft.

Die Verbraucherzentrale in Potsdam hat auf solche Geschichten eindeutige Ratschläge. „Mit persönlichen Daten und Reizen geizen“, lautet das Motto, so heißt es in einer Pressemitteilung zu diesem Thema. „In vielen Singleplattformen wartet nicht immer der Traummann oder die Traumfrau, sondern oftmals auch Enttäuschung.“ Das Senden von eindeutigen Fotos sollte möglichst vermieden werden. Immerhin könnten diese weitergeteilt werden, um dann anderswo im Netz auftauchen.
Die Befürchtung hat Fabian auch. „Allerdings weiß ich ja nun, wo dieser Manfred wohnt und wo er arbeitet“, sagt er. „Auch wenn er mich blockiert hat, aus der Welt ist er damit nicht.“ Er ist einem Internet-Faker auf den Leim gegangen. Aber immerhin habe er daraus gelernt, sagt er.

*Alle Namen geändert.


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