Der Lustmolch

Ach, ist das schön, dich mal wieder zu sehen. Ich freue mich so, dass ich dich mal wieder anfassen darf. Ich kann doch mal streicheln, oder? Herrlich. Das haben wir ja schon lange nicht mehr gemacht.

Keine Sorge, mir geht es gut. Aber die Szene in dem Lokal in Berlin-Schöneberg, die hat mich dann doch ein wenig verstört.
Am Tisch vor mir saßen eine Frau, vielleicht zwischen 50 und 60 Jahre alt, und ein Mann, um die 70 oder eher 80. Für ihn muss dieses Treffen ein echtes Event gewesen sein, ein erotisches Event.
Sie bestellten sich Apfelsaft. Oder besser: Er bestellte Apfelsaft und beömmelte sich. Denn der Apfelsaft ist gar keiner, sondern irgendein Whisky-Gesöff.

Zwischendurch sagte der Mann immer wieder, wie schön es doch sei, dass sich die beiden mal wiedersehen. Und immer wieder betatschte er ihren Arm und streichelte sie ein wenig. Im Gegensatz zu ihm waren die Worte der Frau kaum zu verstehen, weshalb auch unklar war, ob ihr das gefällt, was der Herr da machte.
Dass er sich freue, sie mal wieder zu sehen – und anfassen zu können – teilte er ihr alle paar Minuten mit.

Sie bestellten sich dann noch ein zweites Getränk, und er teilte ihr gleich mit, dass sie ja getrennt zahlen würden. Aber er freue sich ja so, dass sie endlich mal wieder zusammen sein können.
Es hat nur eine gute halbe Stunde gedauert, dann war das Treffen schon wieder beendet. Aber nicht, ohne dass er ihr mehrere Male mitgeteilt hat, dass er sich ja so gefreut hat, dass sie sich mal wieder gesehen haben. Und dass das ja so schön gewesen sei. Und ob er sie noch mal anfassen könne. Und ob er sie nach Hause begleiten dürfe. Und ob er noch mit nach oben kommen dürfe.

Zwischendurch klingelte das Handy des Mannes, aber er ging nicht ran, er ließ es klingeln. Irgendwann meinte er, er wüsste wer dran ist, und deshalb ginge er nicht ans Telefon. Woraufhin er ein bisschen dreckig lachte.
Sie nicht.
Sie schien dann doch unangenehm berührt gewesen sein, denn irgendwann brach sie dann doch recht schnell auf. Sie zahlten tatsächlich getrennt. Begrapschen scheint für den Mann selbstverständlich zu sein, für sie bezahlen nicht. Begleiten durfte er sie nicht, obwohl es ja, wie er zum gefühlten 39. Mal betonte, so schön gewesen sei, sie mal wieder getroffen zu haben. Bevor sie ging umarmten sich die beiden, aber ihr war das sichtlich unangenehm. Schnell machte sie sich vom Acker.

Der Mann unterdessen blieb noch, er ging ins Lokal – das Ganze spielte sich im Außenbereich an der Straße ab – und setzte sich an einen Tisch, an dem schon ein anderes Paar saß. Er muss in der Gegend wohl bekannt sein…


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Kommentare

2 Antworten zu „Der Lustmolch“

  1. Ute Hartmann

    Hat vieleicht Rolf Eden sein Revier jetzt bis Schöneberg ausgedehnt?

  2. RT

    Ich glaub, Rolf Eden ist nix dagegen…

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