Pfarrer Fincke verlässt Bötzow im Herbst

Der 54-Jährige geht nach Erfurt / Abschlussgottesdienst am 22. September

MAZ Oranienburg, 16.7.2013

BÖTZOW
Pfarrer Andreas Fincke ist vor etwas mehr als einem Jahr offiziell ins Bötzower Pfarramt berufen worden. Insgesamt lebte er zweieinhalb Jahre im Dorf und war für Bötzow, Wansdorf, Pausin und Grünefeld zuständig. Doch nun nimmt er schon wieder Abschied.

MAZ: Wie lange bleiben Sie noch in der Region?
Andreas Fincke: Bis Ende September.

Wie kommt’s, dass Sie schon wieder weggehen?
Fincke: Ich habe eine interessante Aufgabe in Erfurt angeboten bekommen. Ich werde Studentenpfarrer und Leiter der kirchlichen Stadtakademie. Das hat mich gereizt, ich komme aus ja der Wissenschaft. Mir ist aber auch klar, dass ich hier zu schnell wieder weggehe. Ich bitte die Leute um Verständnis. Ich bin jetzt 54, und ich stand vor der Frage: Bleibe ich bis zur Rente hier oder mache ich noch mal etwas ganz anderes.

Wie haben die Leute reagiert, die schon von Ihrem geplanten Weggang erfahren haben?
Fincke: Manche sind enttäuscht, das will ich nicht wegreden. Ich habe zuerst den Kirchenvorstand informiert, da ist das wie eine Bombe eingeschlagen. Er hat damit nicht gerechnet. Wir haben ja mit großem persönlichen Engagement das Gemeindehaus saniert, anfangs haben wir ja auch gedacht, dass wir sehr lange bleiben.

Ist es denn eine schöne Aufgabe, Pfarrer auf dem Dorf zu sein?
Fincke: Ja, ich habe hier sehr schöne Begegnungen gehabt. Ich empfinde die Leute als sehr bodenständig. Problematisch ist, dass sich ein Pfarrer in einer Dorfgemeinde sehr stark auch in der Rolle eines Hausmeisters befindet. Ich habe hier unheimlich viele Managementaufgaben. Das ist manchmal frustrierend. In Grünefeld renovieren wir das Gemeindehaus. Die Arbeit machen Firmen, aber wohin die Steckdosen sollen, muss ich sagen. Ich investiere auch enorm viel Kraft in die Vermietung. Auch sonst ist ja das Landleben sehr speziell, man muss dafür geschaffen sein. Wir haben vorher in Berlin gelebt, uns fehlt hier einiges.

Was zum Beispiel?
Fincke: Es gibt hier überhaupt keinen sinnvollen Nahverkehr nach Berlin. In Hennigsdorf gibt es an der Bahn zwar viele freie Parkplätze, aber nur zeitlich begrenzt, nirgendwo kann man als Pendler parken, das ist eine spießige Arroganz der Verwaltung. Wir haben ein riesiges Problem mit der Landflucht, aber die kommunalen Verwaltungen tun nichts dagegen. Die Fahrt nach Berlin-Mitte mit mit den Öffentlichen ist eine Weltreise.

Aber weiß man das nicht vorher, wenn man aufs Dorf zieht?
Fincke: In dieser Dramatik nicht. Und man sieht ja, die Jugend verlässt die Dörfer. Warum bekomme ich denn sonst die Wohnung in Grünefeld nicht vermietet? Wir haben inzwischen zwei Autos und fahren deutlich mehr als 30 000 Kilometer im Jahr. Wir können das bezahlen, aber ökologisch gesehen ist das ein Problem.

Gibt es etwas von dem Sie sagen würden, das habe ich hier geschafft?
Fincke: Die Leute sagen, ich habe hier frischen Wind in die Gemeinde gebracht. Außerdem haben wir das Haus an der Dorfaue saniert und ein paar buntere Veranstaltungen ins Leben gerufen. Da kommen dann auch viele Leute, während den klassischen Gottesdienst immer weniger Menschen besuchen. Deshalb will ich immer das Besondere versuchen und anbieten. Erstaunlicherweise haben wir hier ja immer noch mehr Taufen als Beerdigungen.

Wie schätzen Sie die Chance ein, dass bald ein neuer Pfarrer herkommt?
Fincke: Ganz gut. Die Gemeinde ist in einem ordentlichen Zustand, die Nähe der Stadt ist attraktiv. Allerdings ist es immer schwieriger, den Bedürfnissen in den Dörfern nachzukommen. In den vier Orten haben wir 1400 Gemeindeglieder, da steht man schon unter Druck, wenn man entscheiden muss, zu welchem Geburtstag oder zu welcher Taufe ich gehe. Alles ist nicht zu schaffen.

Sind in Bötzow Freundschaften entstanden?
Fincke: Es gab eine Menge Begegnungen, die mich sehr berührt haben. Ich habe Geschichten von Leuten gehört, die einen prägen, keine weltpolitischen Dinge, aber schöne Geschichten über das wirkliche Leben.

Wie gestalten Sie Ihren Abschied?
Fincke: Am 22. September gibt es um 14 Uhr in Bötzow einen Gottesdienst, bei dem ich mich verabschieden werde.

Wie geht es dann weiter?
Fincke: Es gibt eine Vakanzvertretung, die wird von Pastorin Katherina Plume aus Paaren übernommen. Es wäre aber nicht schön, wenn meine Stelle zu lange frei wäre. Beim letzten Mal gab es genau eine Bewerbung, nämlich meine. Im Kirchlichen Amtsblatt ist die Stelle schon ausgeschrieben. Und ich mache auch Werbung für die Stelle. Hilfreich ist, dass wir hier in Bötzow einen sehr engagierten Kirchenvorstand haben, der ist super. Deshalb wird das kirchliche Leben nicht brachliegen.


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