Ein ganzes Leben in Wolfslake

Irene Hoppe (82) erlebte den Krieg und war Bürgermeisterin / MAZ startet neue Serie

MAZ Oranienburg, 11.7.2013

WOLFSLAKE
Heute fährt sie nur noch Fahrrad. Irene Hoppe lächelt. Früher, noch zu DDR-Zeiten, ist sie immer mit ihrem Trabant in der Gegend rumgefahren. Da war sie die Bürgermeisterin von Neu-Vehlefanz und hatte ihr Büro in Klein-Ziethen. Das ist lange her. Auto fährt die 82-Jährige schon ewig nicht mehr, dafür aber hin und wieder die zehn Kilometer von Wolfslake nach Börnicke zu ihrem Sohn mit dem Rad.

Reni, wie sie von ihren Freunden genannt wird, wohnt schon ihr Leben lang in Wolfslake. „In diesem Raum bin ich geboren“, sagt sie und sieht sich um. Das Haus, in dem sie lebt, ist gut 200 Jahre alt.
Sie blättert in ihren Unterlagen. In den vergangenen Jahrzehnten hat sie vieles von dem, was sie erlebt hat, aufgeschrieben. Es sind handgeschriebene Texte ebenso wie dicht bedruckte Schreibmaschinenseiten. Dazu einige Fotos.

Die Zeit, die ihr am meisten zugesetzt hat, war der Zweite Weltkrieg. Daran erinnert sie sich am deutlichsten. „32 Bomben sind auf Wolfslake und Umgebung gefallen“, erinnert sie sich. Bei Neu-Vehlefanz ist einer der Flieger abgestürzt. An Schule war vorerst nicht mehr zu denken. Am 20. April 1945 machte sich ihre Familie auf den Weg – raus aus Wolfslake. „Wir sind geflüchtet“, sagt Irene Hoppe. Mit ihrem Pferdewagen kam die Familie bis Demer-thin bei Kyritz. Auf einem Gut haben sie sich verschanzt, als es zu Schießereien kam. Eigentlich wollten sie zu den Amerikanern in den Westen, aber es verschlug sie dann doch zurück in die Ziegelei von Klein-Ziethen. Im Herbst 1945 ist ihr Haus in der kleinen Straße Am Krämerwald von den Russen freigegeben worden.

Eigentlich wollte Irene Hoppe Modezeichnerin werden, doch es kam alles anders. Zunächst hatte sie viel Arbeit mit der Landwirtschaft, ein Lehrerstudium musste sie Anfang der 60er-Jahre wegen einer Krankheit aufgeben. Weil eine Arbeitskraft im Klein-Ziethener Gemeindebüro fehlte, fing sie dort als Sachbearbeiterin an. „Da gab’s alles: Arztsprechstunden, die Rentenzahlung, die Kapazitäten waren knapp“, erinnert sie sich. „Und mit Geld habe ich immer gern gewirtschaftet.“ Sie half dabei, die Rente auszuzahlen und betreute die Bibliothek mit. 1970 dann ihr Aufstieg zur Bürgermeisterin der Gemeinde Neu-Vehlefanz. Eine ihrer ersten Aufgaben war es, den Bau der Autobahn zu begleiten. Schließlich ging es für die kleinen Orte entlang der Strecke darum, im Zuge des Neubaus des Berliner Rings ebenfalls neue Straßen zu bekommen.
1987 musste sie ihre Arbeit beenden, aus gesundheitlichen Gründen. Aber langweilig ist ihr bis heute nicht.

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Die MAZ startet eine Serie über das Leben von Irene Hoppe. Der erste Teil erscheint am morgigen Freitag.


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