24h Berlin – Ein Tag im Leben

SA 05.09.2009 | 6.00 Uhr | rbb

Manchmal kommt einem der Gedanke: Während ich hier so sitze, was machen eigentlich die Millarden anderen Menschen auf der Welt? Parallel zu meinem Leben spielen sich gerade viele, viele Geschichten ab, die andere Leute gerade erleben. Eine große Echtzeitdoku macht diesen Gedanken heute greifbar.

Berlin, einen ganzen Tag lang. 24 Stunden in Echtzeit. Der rbb und arte machen es möglich, räumten (fast) das komplette Programm frei für ein ganz besonderes Fernsehexperiment.
Und schon jetzt, am Abend, nach fast 15 Stunden, kann man sagen: Toll! „24h Berlin – Ein Tag im Leben“ macht Spaß, ist spannend, fesselt oder läuft auch einfach nur nebenher.
Und es ist auch ein Stück Selbsterfahrung. Zumindest dann, wenn man es schafft, über weite Strecken dabei zu sein. Man bekommt dann ein Gefühl dafür, was eigentlich passiert in so einer Stadt mit so vielen Menschen – und wie lange einige Dinge brauchen.

Da ist ein Immobilienmakler am Mittag auf der Suche nach Häusern. Und am Abend, acht Stunden danach kommt er wieder in der Doku vor, wie er durch die Straßen spaziert.
Wir begleiten Klaus Wowereit, den Regierenden Bürgermeister von Berlin, bei seinen unzähligen Terminen. Ausstellungseinweihung, Fluglinieneröffnung, Parteifest – und dazwischen einen Imbiss am Kartoffelpufferladen am Potsdamer Platz.
So ist das Leben.
Eine der sympathischsten Figuren in der Doku ist die Telefonistin Leslie, die wir am Vormittag auf dem Weg zur Arbeit begleiten, beim Telefonieren beobachten. Sehen, wie sie Spaß hat, Grimassen schneidet, aber auch nervige Kunden hat. Und dann, am Abend zum Feierabend, dürfen wir wieder nach Hause mitkommen – wenn sie sich auf ihren Freund freut. Und dann wird man sich bewusst: Was? Schon acht Stunden vergangen?

Die Doku dauert nun immer noch neun Stunden. Wir warten immer noch auf das Kind, das hoffentlich bald geboren wird. Wir warten auch darauf, was mit dem Mann ist, der heute ein Date hat. Wir warten ab, was auf der Hochzeitsparty in Reinickendorf passiert. Und wir freuen uns auf die Nacht. Die Nacht in Berlin.
Es liegt noch einiges vor uns, denn Berlin schläft nie.


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Kommentare

30 Antworten zu „24h Berlin – Ein Tag im Leben“

  1. Gelegenheitsgucker

    Magarethe Hein ist 1922 in Schlesien geboren, hat erlebt, wie Hitler die Welt in einen mörderischen Krieg stürzte, die Vertreibung aus der Heimat, den kalten Krieg, Mauerbau und -fall. Weltgeschichte.

    Sie hat nie geheiratet, kann aber trotzdem einige große Lieben verbuchen. Jetzt ist sie 86, hat Parkinson – und genießt ihr Leben in ihren eigenen vier Wänden, die sie immer seltener verlässt. Ihre Krankheit. Ihre Freuden – Kreuzworträtsel, Krimis. “Ein einfaches, großes Leben.“

    Seit ich 24h Berlin sehe, 18:00 Uhr, hat mich diese wunderbare alte Frau so beeindruckt und gleichzeitig berührt.

  2. RT

    Genau, fand ich auch.
    War fast ein bisschen traurig, als sie gegen 23 Uhr das Licht ausmachte und schlafen ging.

  3. JayÖ

    Kann leider erst seit dem frühen Abend immer mal wieder reinschauen. Die ältere Damen gehörte sicherlich zu den besseren Hauptdarstellern.

    WIe zu erwarten ist es nach Mitternacht nicht mehr so toll. Erzähler hat gewechselt, der vorherige war besser, auch mit den Kommentaren zwischendurch. Jetzt erlebt man nur noch eine Party nach der anderen… auch wenn man lobend erwähnen muss das auch ein todkranker im Hospiz besucht wurde. Allerdings treten nun auch Fehler auf. Sollte ja eigentlich uhrzeitmäßig etwas passen… auch wenn man natürlich nicht glauben muss das 11:44 Uhr auch in der Realität genau die Uhrzeit war auch wenn sie es sagen… aber wenn einer in seiner Wohnung Känge mischt und 5min später irgendwo Platten auflegt… naja 😉
    Wird halt etwas eintönig, morgens war es bestimmt am besten, schade das ich es da nicht sehen konnte. Jetzt nur noch irgendwelche komischen Partys anschauen ist mir zu dumm – und die 2 „Gang“ reden sich auch um Kopf und Kragen, vor allem die Deutschen…

  4. RT

    Stimmt, die Nacht ist nicht mehr ganz so spannend.
    Wobei die Gang, die sich – warum auch immer – in Mahlsdorf rumtreibt, doch noch ein paar spannende Dinge erzählt hat. Auch das Schlaflabor ist nicht unspannend. Und ein Baby müsste ja auch noch kommen.
    Die Erzähler wechselten alle paar Stunden.

  5. Felix

    Ich fands auch tagsüber toller. Vor allem der Auftritt von Gloria V. wurde mir zu oft gezeigt. 🙂

  6. RT

    Ja, nachts hat ein bisschen was gefehlt. Vielleicht ein S-Bahn-Triebwagenführer, oder ein Radiomoderator…

  7. CommanderNOH

    Ich konnte auch leider morgens nicht gucken.
    Hab am frühen Nachmittag mal kurz reingeschaut und dann für knapp 3 Stunden am Abend nochmal und dann vorm Schlafen nochmal – und bin da auch wieder hängegeblieben, obwohl mir das da auch keinen großen Spaß mehr gemacht hat, wegen der Gang und der Partys und so.
    Am besten gefiel mir, wie so gegen 19:30 Uhr, glaub ich, die Übertragung der „Abendschau“ losging und man die alte Dame und Wowereit abwechselnd sah, wie sie „Abendschau“ guckten. Das war sehr gut geschnitten.
    Nachts fand ich auch die Dame von der Telefonseelsorge unglücklich, weil man nicht immer gehört hat, was der Gesprächspartner gesagt hat – ist ja okay, von wegen anonym und so… aber spannend zum Gucken war´s nicht.

  8. RT

    Hat dann zwar nicht mehr den Live-Effekt, aber der rbb wiederholt den Film in Vier-Stunden-Teilen ab heute Abend.
    Übrigens hat der rbb hervorragende Quoten geholt, 10 % Tagesmarktanteil.

  9. CommanderNOH

    Super. Das lässt ja vielleicht darauf hoffen, dass es mal eine Fortsetzung geben wird. Muss ja dann nicht Berlin sein.

  10. JayÖ

    Hm, ich weiß nicht ob es das geben wird und ob es ein zweites Mal ebenso spannend wäre. Zumal das ja ein riesen Aufwand ist – ich glaub ein WDR beispielsweise würd nicht mal eben 24 Stunden Sendeplätze freiräumen können und wollen. Zwar schade, aber vermutlich eignen sich viele Städte für sowas nicht. In Berlin passiert einfach mehr und die menschen sind auch zugänglicher – als Beispiel die Sendung „Berliner Nachttaxe“, die würde wohl auch niergends anders funktionieren.

    Spannend wird sein, wenn man die Doku in 5 oder 10 Jahren noch mal zeigt und man Veränderungen feststellen kann.

    Alles in allem in meinen Augen ein sehr lohnenswertes Projekt! Und das in einer Zeit, wo überall Kosten gespart werden müssen, das war ja eine Aktion die fast zwei Jahre gedauert hat – kein Wunder!
    Heute wird um jede Sendeminute gefeilscht, es gibt feste Sendeplätze an denen nicht gerüttelt werden darf und viele Sender trauen sich alleine deshalb schon keine Live-Sendung mehr.
    Und RBB und Arte räumen einfach mal 24 Stunden frei für sowas. Einfach klasse, und es hat sich gelohnt wie ich finde. Schade das dies schon wieder vorbei ist. Mir hat es gefallen so wie es gemacht wurde, mit den immer wieder eingestreuten Informationen, den halbstündigen Meldungen des Tages, kleinen Umfragen zwischendurch, die Auswahl der Leute… 🙂

  11. CommanderNOH

    Auf einen Versuch käme es an… Ich fände Hamburg ja spannend. Auch München wäre eine Alternative.
    rbb hat ja auch den Mut gehabt, sein Programm freizuräumen nur für dieses Projekt und mit super Quoten belohnt worden. Das muss für andere Sender doch dann auch Ansporn sein.

    Ich hab zwar gestern (leider) nicht alles gesehen – aber ich hab das Gefühl, dass es noch etliche deutsche Geschichten bzw. Geschichten aus deutschen Großstädten gibt, die sich zu erzählen lohnen. Was ich gestern gesehen habe, war ja auch nur ein Berliner Querschnitt – gibt auch sicher noch anderer Berliner Stories, die man hätte erzählen können oder Material, was unter den Tisch gefallen ist.

    Wenn´s das mal auf DVD gibt, bin ich der Erste, der sich die holt. Ich bin total begeistert und bin im nachhinein wirklich traurig, dass ich nicht noch mehr gesehen habe davon.
    Aber für das, was ich gesehen habe, fordere ich sämtliche Fernsehpreise Deutschlands.

  12. JayÖ

    Folgende Länder und Sender haben das ganze gezeigt, Auszug von der 24hberlin.de Page:
    „Am 5. September ab 6 Uhr im rbb Fernsehen, auf ARTE, dem niederländischen Sender VPRO und im finnischen Digitalsender YLE Teema – ohne Unterbrechungen, einzigartig in der Geschichte des Fernsehens. “
    durch Arte ist natürlich noch Frankreich dabei und andere französischsprachige Länder…

    Das ganze auf finnisch stelle ich mir spannend vor 🙂

  13. RT

    Ich glaub, YLE gehörte auch zu den Mitproduzenten, der Sender stand mit im Abspann.

  14. CommanderNOH

    Ich meine gelesen zu haben, dass die u.a. auch einen finnischen Regisseur hatten… Das würde es erklären.
    Übrigens auch erwähnenswert, dass etablierte Regisseure wie z.B. Romuald Karmakar oder Bettina Blümner Episoden gedreht haben für dieses Projekt.

    Ach ja: insgesamt wurden 750 Stunden gefilmt… Was passiert wohl mit dem Rest?

  15. RT

    Eine Woche Director’s Cut? 🙂

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