Inglourious Basterds

Der Wirbel um Quentin Tarantinos „Inglourious Basterds“ war im Vorfeld groß. Und das nicht nur, weil der Film größtenteils in Deutschland entstand, viele Szenen wurden in Potsdam gedreht, aber auch nach Nauen kam das Filmteam.
Auf dem Filmfest in Cannes lief der Streifen erstmals – und wurde weitgehend verrissen. Ob Tarantino sich dann noch mal an den Film gesetzt hat? Denn was nun in den Kinos zu sehen ist, ist spannend, unterhaltsam, lange Zeit richtig packend – und somit auf jeden Fall sehenswert.

Frankreich, zur Zeit der deutschen Besetzung Anfang der 40er-Jahre. Es läuft für die deutschen Soldaten nicht alle so, wie es soll. Aldo Raine (Brad Pitt) und seine „Basterds“ treiben ihr Unwesen. Die jüdischen Soldaten jagen den deutschen Angst ein, bringen jeden Soldaten um, der ihnen vor die Nase kommt. Und sie haben einen Plan: In einem Pariser Kino soll die Premiere eines Nazifilms stattfinden, in dem Frederick Zoller (Daniel Brühl) seine Heldentaten im Krieg nachspielt. Alle hohen Tiere sollen sich dazu einfinden. Während der Vorstellung sollen Bomben hochgehen. Aber sie haben nicht mit dem „Judenjäger“ Hans Landa (Christoph Waltz) gerechnet.

Von dem Gedanken, dass in „Inglourious Basterds“ eine wahre Kriegsgeschichte erzählt wird, muss man sich verabschieden. Quentin Tarantino präsentiert eine fiktive Story, die im zweiten Weltkrieg spielt. Mit 154 Minuten Länge wird dem Zuschauer zwar Sitzfleisch abverlangt, und mit der ersten relativ langen Sequenz auch Geduld, aber er wird belohnt. Denn in diesem Film spielt der Regisseur mit seinen Charakteren, die allesamt sehr spannend sind. Da ist der Soldat, der Hunderte Menschen abknallte und das zunächst gar nicht schlimm findet. Da ist der Oberst, der Judenjäger, der erstaunlich kultiviert ist. Da sind die Rächer, die mit purer Gewalt agieren. Die kühle Kinobesitzerin, die einen Plan hat.
Das Ganze in mal rasanten, mal leisen und langsamen Bildern.
Unbedingt sehenswert ist der Film schon wegen Christoph Waltz, der den Oberst geradezu virtuos spielt. Mal ruhig, mal irre, sinnierend oder brüllend.
Am Ende hat der Zuschauer einen irren Trip miterlebt.

Mich haben Tarantino-Filme bisher nie angesprochen, ich fand sie allesamt langweilig. Das ist der erste seiner Filme, bei dem das nicht so ist.

8/10


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Kommentare

20 Antworten zu „Inglourious Basterds“

  1. Hypermensch

    Ich fand bisher alle Tarantino-Filme, bis vll. auf Death Proof, spitze. Diese „tarantinoesken“ Kameraeinstellungen und teils minutenlangen, aber nie langweiligen Dialoge, das ist schon was ganz besonderes.
    So bin auch ich gestern Abend mit sehr hohen Erwartungen ins Kino gegangen, um mir Tarantino’s neuesten Streich anzusehen.

    Zunächst einmal lässt sich sagen, dass die Story, auch eigentlich schon Tarantino-like, sehr simpel ist.

    Es gibt die Basterds, ein jüdischer Geheimtrupp der Amerikaner, die im besetzten Frankreich abgesetzt werden, um Nazis zu töten. Auf der anderen Seite steht der SS-Offizier Hans Landa, genannt „der Judenjäger“, im Fokus des Geschehens, der, wie der Name unschwer erkennen lässt, den Auftrag hat, das deutsche Reich „zu säubern“.
    Verknüpft werden diese beiden Handlungsstränge durch den deutschen Vorzeigesoldaten und Filmheld Fredrick Zoller, dessen Propaganda-Film in einem Pariser Kino uraufgeführt werden soll.
    In der Tatsache, dass zu der Premiere Hitler,Goebbels,Göring etc. erscheinen, sehen die Basterds eine Chance, das Kino in die Luft zu sprengen und den Krieg zu beenden.

    Wenn der Apspann über die Leinwand flimmert, hat man erstmal so viele Impressionen im Kopf, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll, das Alles „abzuarbeiten“.
    Das furiose Ende, die wahnsinnige Besetzungsliste, die das Beste an Schauspielern hergibt, die Deutschland zu bieten…und Til Schweiger (großer Lacher im Publikum als Klimpergesicht Schweiger tarantinotypisch mit einem Heranzoomen an sein grimmig dreinblickendes Gesicht dem Zuschauer „vorgestellt“ wird.), die teils grandiosen schauspielerischen Leistungen, allen voran von Christoph Waltz in der Rolle des Hans Landa, der Brad Pitt, nomineller Star des Films, an die Wand spielt oder einfach die stimmige Atmosphäre…es passt einfach.
    Lediglich im 3. Kapitel meine ich einen kleinen Durchhänger bemerkt zu haben, zu Beginn der langen Kneipenkeller-Szene, als schon wieder ein Haufen neuer Charaktere vorgestellt wird.

    Überrascht hat mich, dass der Film verhältnismäßig wenig Gewalt beinhaltet. Es gibt 3,4 Momente, in denen Schusswaffen zum Einsatz kommen, ansonsten bleibt der „Inglourious Bastards“ für einen Kriegsfilm relativ gewaltfrei. Allerdings finde ich die „Skalpierungs-Szenen“ für unnötig, hier kommt ein wenig der Verdacht der Effekthascherei auf.

    Obwohl ich von den Film hellauf begeistert bin, der beste Tarantino ist er nicht, manche Charaktere bleiben für meinen Geschmack etwas zu blass, u.a. auch Brad Pitt als Lt. Aldo Rain. Ich hätte mir hier mehr Facetten gewünscht.
    Aber wer weiß, vll. ist sogar das von Tarantino gewollt, auch andere Charaktere lernt man nicht richtig kennen, da sie vorher einfach abgeknallt werden. Vll. will Tarantino damit die Austauschbarkeit der Menschen im Krieg ausdrücken, jeder ist nur ein Werkzeug, das Töten soll, mehr nicht.

    Übrigens, ich werde mir auf jeden Fall ncohmal die englische Originalversion ansehen. Mich interessiert echt mal, welche Teile des Films auf englisch sind, denn normalweise müssten locker 70% des Films auf deutsch und französisch sein. Finde ich erstaunlich, da das amerikanische Publikum, das „Stammpublikum“ von Tarantino, ja eher als einfach und lesefaul von Untertiteln gilt.
    Generell, weiß jemand, wann der Film im Ausland in den Kinos angelaufen ist und wie dort die Besucherzahlen waren??

  2. RT

    Ich vermute mal, dass in der engl. Fassung die Deutsch-Passagen auf Englisch sind.
    Aber berichte mal, wenn du die OV gesehen hast.

  3. TheCritic

    Auf der Berlinale lief der Film erstmals? Der Berlinale in Cannes?

  4. RT

    Oh! Nein, natürlich nicht, sorry! Er lief in Cannes.

  5. White Lily

    Ich hab‘ gestern das Englisch Original gesehen und bin sehr zufrieden. Ich mag Quentin Terentinos Filmstil einfach und ich finde, eine fiktive Geschichte ist endlich mal eine Abwechslung in diesem WW2-Genre.

  6. Worpsweder Typ

    Dann teile uns doch bitte mal mit, wie das mit dem deutsch und französisch in der Originalversion aussieht! 😉

  7. DieWurst1988

    Hab den Film auch endlich gesehen, und ich bin enttäuscht. Was ich an den Tarantino Filmen immer mochte das waren die genialen Dialoge und die fesselnde Atmosphäre. Aber in diesem Film gab es nichts das mich irgendwie beeindruckte. Der Bärenjude vielleicht, aber selbst der war nicht Tarantino Like. Ich habe mich mehrmals im Kino gefragt, wann ich endlich mal pinkeln muss damit wenigstens etwas tolles während des Films passiert. Schade hatte mich lange auf den Film gefreut. Vielleicht gibts demnächst neue Grindhouse Filme, die fand ich am besten.

  8. Worpsweder Typ

    „Ich habe mich mehrmals im Kino gefragt, wann ich endlich mal pinkeln muss damit wenigstens etwas tolles während des Films passiert.“

    🙂

    Die Frage stelle ich mir oft beim Fußballgucken^^

  9. Hypermensch

    Hmm, ja, die Dialoge sind es nicht, die Einem rückblickend nachhaltig positiv im Gedächtnis bleiben wie bei Pulp Fiction etwa.
    Allerdings finde ich sie trotzdem nie langweilig und wenn Tarantino doch mal Angst hat, ein Dialog könnte zu langatmig werden, bringt er durch subtile Details, wie etwa einer langsamen 360°-Kamerafahrt im ersten Teil, als der Bauer und Landa am Tisch sitzen und reden, wieder Dynamik in das Geschehen.

  10. RT

    Ja, das sehe ich auch so. Lange Dialoge wurden mit speziellen Details spannend gemacht. Und die Dialoge selbst fand ich auch nicht langweilig.

  11. White Lily

    Die Szenen, die rein unter Deutschen bzw. Franzosen gespielt haben, waren in der jeweiligen Sprache mit Untertitel. Das waren aber, wenn ich mich recht entsinne, recht wenige Szenen.

  12. Hypermensch

    Ah okay, danke, das hat mich auch mal interessiert.
    Will mir auch unbedingt nochmal die Original-Version ansehen, aber das näheste Kino, wo es die zu sehen gibt, ist in Frankfurt und das ist schon etwas weg.. :-/

  13. Ich habe ihn vorhin endlich auch gesehen, als OV am P-Platz. Es ist einiges fremdsprachig, wobei das Französische das Deutsche noch überwiegt, wie ich meine. Landa war großartig, bis fast zum Schluss. Die hysterische Reaktion dieses aktiven Opportunisten auf die Tötung Hermanns im Wald fand ich unglaubwürdig. Landa hätte es besser gewusst. Aber bis dahin: großartig, wie er mit seinen Opfern agiert. Bei den Basterds wäre tatsächlich noch einiges Potenzial gewesen, was die Behandlung der Figuren angeht. Aber wie lange wäre der Film dann geworden? So darf Stiglitz auch mehr grimmig gucken als alles andere 😀 – Der Ami-Offizier (Brad) klingt im OV sehr geil, so richtig Ami halt (Tennessee!). Gar nicht leicht zu verstehen, wenn er mal schnell spricht oder in Redewendungen. Insofern kann ich mir gut vorstellen, dass er in der deutschen Synchro allein wegen der Übersetzung blass bleibt. Ich fand ihn jedenfalls sehr überzeugend, wenngleich er an Landa nicht herankommt. Auch die Jüdin Dreyfus soll gelobt werden. Anteilig an ihren Auftritten spricht sie im Vergleich zu den anderen ja deutlich weniger aber man guckt ihr trotzdem gerne zu.
    Ich muss auch zugeben, dass ich anfangs skeptisch war, ob es funktioniert diese ernsten Weltkriegshintergrund für eine fiktive Story zu verwenden. Manchmal kommen auch ein paar Seltsamkeiten vor: Hitler mit rotem Umhang (eine Remineszenz an Chaplins Großer Diktator?) oder der Weizenbier-Trinkstiefel in diesem französischen Kneipenkeller (Requisite gefunden?). Aber toll finde ich, dass man den Figuren jederzeit ein reales Auftreten im II.WK bescheinigen könnte.
    Übrigens empfehle ich wirklich, die OV zu gucken, weil an vielen Stellen der korrekten oder akzentbehafteten (Aus-)Sprache einige Bedeutung zu kommt. Zu Beginn wird ja auch der gesprächige Deutsche von einem „Basterd“ ins Englische übersetzt – Wie wurde das denn in der Synchro gelöst?

  14. RT

    Hm, kann ich mich leider nicht mehr erinnern…

  15. Na als das erste Mal skalpiert wird. Dann hat doch der Bärenjude seinen Auftritt und knüppelt den Offizier. Dem zweiten Deutschen gehen die Nerven durch, er versucht zu fliehen und wird erschossen. Der dritte plaudert dann angesichts des zelebrierten Todes und bekommt zum Schluss sein Identifikationmerkmal auf die Stirn. Diese Plaudertasche wird von Ex-Rex-Kommissar Burkhard für den Leutnant übersetzt…

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