Als Oranienburger kennt man das: Wie ist das eigentlich, in einer Stadt zu wohnen, in der ein KZ stand – das KZ Sachsenhausen nämlich. Und wie ist das eigentlich, in einer Stadt zu wohnen, in der noch heute zig Bombenblindgänger entdeckt, entschärft oder gesprengt würden müssen. Tja, ganz normal eben. Wir leben hier, wir kennen das nicht anders.
So ist das ganz sicher auch in Auschwitz. Im KZ in Auschwitz geschah das bisher größte Verbrechen der Menschheit. Millionen Menschen starben hier. Mehr als 60 Jahre später reisen Tag für Tag Touristen nach Auschwitz, um sich ein Bild von diesem Grauen zu machen.
Und die Leute, die heute in Auschwitz, in Oswiecim, leben? Für die ist das alles Normalität. Die Gedenkstätte ist eben da. War sie ja schon immer. Aber kein Grund, nun Minute für Minute drüber nachzudenken, dass sie in Auschwitz, in Auschwitz!!, wohnen.
Das alles zeigt extrem eindrucksvoll Robert Thalheims Film „Am Ende kommen die Touristen“.
Sven (Alexander Fehling) leistet seinen Zivildienst in Auschwitz ab. Eigentlich wollte er nach Amsterdam, aber nur in Oswiecim war eine Stelle frei. Schon bald zeigt sich, dass er es hier nicht einfach hat. Auschwitz ist ein Ort voller Symbolik. Eine Symbolik, die allgegenwärtig ist. Gleichzeitig muss er aber auch lernen, dass das Leben in der polnischen Stadt weitergeht. Neben seiner Tätigkeit in der Gedenkstätte soll er such auch um den KZ-Überlebenden Krzeminski (Ryszard Ronczewski) kümmern. Sein Lebensinhalt: Koffer von KZ-Insassen reparieren und Vorträge über das Leben im KZ halten. Mehr ist dem alten Mann nicht geblieben. Irgendwann scheint das Sven alles über die Ohren zu wachsen.
Robert Thalheim hat einen hochinteressanten, spannenden und lehrreichen Film gedreht. Er führt die Zuschauer fast schon beiläufig an einige Orte des Schreckens, gleichzeitig vermittelt er eine Bestandsaufnahme des heutigen Auschwitz, Oswiecim. Vom Leben mit und abseits des ehemaligen KZ.
Das alles sehr gut am Beispiel des Zivis Sven aus Berlin dargestellt. Der schwer an der Situation zu knabbern hat.
Aber eines ist immer klar: Am Ende kommen Touristen.
10/10
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