Silvia Lewinsohn sieht in Sachsenhausen einen sozialen Brennpunkt
MAZ Oranienburg, 15.11.2005
SACHSENHAUSEN
„Man will keine Hauptschule. De facto hat man sie bei uns aber geschaffen“, meint Silvia Lewinsohn. Die Lehrerin an der Oberschule in Sachsenhausen sieht, dass hier ein neuer sozialer Brennpunkt droht, wie sich die Probleme mehr und mehr ballen. „Die Oranienburger Schullandschaft mit zwei Gymnasien, einer Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe, der auslaufenden Realschule und unserer Oberschule ist eine Konstellation, die unsere Schüler klar aussortiert und benachteiligt“, findet sie.
Die Schule befände sich mehr und mehr im Wandel: „In unsere Klassen kommen immer mehr Förder- und Integrationsschüler“, meint Silvia Lewinsohn. Die zentralen Prüfungen seien kaum noch zu bewältigen. „Oft können Zehntklässler bei uns keinen verständlichen Text mit mehr als 200 Wörtern bilden.“ Schlimmer noch: „Es ist den Schülern egal. Es interessiert sie nicht. Lernmotivation ist teilweise gar nicht mehr vorhanden.“ Auch weil sie sicher spüren, „dass sie auf dem Abstellgleis stehen“.
Die Brandenburger Bildungspolitik entscheide über die Köpfe der Lehrer hinweg. „Probleme werden ausgehalten“, beklagt Silvia Lewinsohn. Ein Beispiel sei die neue Raucherverordnung. „Wir haben jetzt ein größeres Problem als vorher. Das ist nicht klug durchdacht.“ Die Schüler rauchen nun nicht mehr auf, sondern vor dem Schulgelände. „Dort, wo sie allerdings während der Schulzeit gar nicht hindürfen.“ Vor allem: Für die unter 16-Jährigen war das Rauchen an der Schule auch vorher schon verboten.
Sorgen macht Silvia Lewinsohn nicht nur die neue Schulform, sondern auch der Zustand des Gebäudes. „Ich arbeite mehr als zehn Jahre hier. Und renoviert wurde seitdem fast nichts.“ Zitat eines Achtklässlers aus dem Deutsch-Erweiterungskurs: „Eine Woche hier und man hat Haare auf den Zähnen.“ Momentan gibt es Überlegungen, die Schule in die heutige Lehnitzer Kaserne zu verlegen. „Das wäre sicher eine gute Möglichkeit“, findet Silvia Lewinsohn. „Allerdings würden sich wahrscheinlich Schüler aus Liebenwalde eine andere Schule suchen.“ Falls aus dieser Überlegung nichts wird, „sind wir der große Verlierer“. Denn renoviert würde bis zu einer Entscheidung auch weiterhin nichts, mutmaßt die Lehrerin.
Dennoch: „Mein Beruf macht mir trotzdem noch Spaß“, sagt sie. „Wir haben ein sehr engagiertes Kollegium.“ An der Oberschule Sachsenhausen gebe es zudem viele Aktivitäten, die der Problematik entgegensteuern: Klassen mit viel Praxis oder die Schaffung von vielen Arbeitsgemeinschaften wie dem Zirkus. „Alles Initiativen von engagierten Kollegen“, wie Silvia Lewinsohn betont.
Schreibe einen Kommentar