Martin Sonneborn: Herr Sonneborn geht nach Brüssel – Abenteuer im Europaparlament

184.709. Das ist eine wichtige Zahl, die man kennen muss, wenn man das neue Buch von Martin Sonneborn liest. So viele Leute haben nämlich 2014 das Kreuz bei der Partei „Die Partei“ gemacht. Das sind 0,6 Prozent der abgegebenen Stimmen, und das reichte für einen Sitz im Europaparlament.
Seitdem ist Martin Sonneborn Abgeordneter in eben jenem Europaparlament.
Nun könnte man sagen: Die Partei ist doch sowieso nur Satire und Reklame für das „Titanic“-Magazin. Ein wenig stimmt das vielleicht auch. Aber völlig abseits der Satire sorgt Martin Sonneborn auch immer wieder dafür, dass der Finger in die europäischen Wunden gelegt wird.

Über seine erste Legislatur in Brüssel (und Strasburg), über die „Abenteuer im Europaparlament“ hat Martin Sonneborn nun ein Buch herausgegeben.
Auf sehr unterhaltsame Weise schildert er, was im Parlament abgeht, und was nicht. Wie er sich im Plenium mit den Neonazis abgeben muss, wie die deutschen Abgeordneten versuchen, eine größere Hürde einzuführen, damit kleine Parteien nicht mehr ins Parlament einziehen. Sonneborn berichtet über Martin Chulz, der später nach Deutschland abgeschoben und dort nicht Kanzler wird. Wir erfahren, wie alten Hasen wie Elmar Brocken (Brok) gerne mal zu cholerischen Anfällen neigen. Wie Beatrix von Strolch von der AfD oder Udo Voigt (NPD) auch noch da sind und wie überhaupt der manchmal etwas merkwürdige Alltag vonstattengeht.

Nun könnte man auch zu diesem Buch sagen: Satire! Aber nein, das ist es nicht. Sonneborn schildert relativ genau, was ihn stört. Die Momente, die ihm Freude machen, die Augenblicke, wo er in der Tat merkwürdig-lustige Reden hält und wie die alten Hasen auf ihn reagieren.
Das ist sehr erhellend. Auf kurzweilige Art demontiert Sonneborn dieses Parlament. Gleichzeitig ist es aber ein Plädoyer, es doch bitte endlich mal besser zu machen.
Deshalb ist dieses Buch durchaus auch eine Wahlwerbung für Die Partei.

Martin Sonneborn: Herr Sonneborn geht nach Brüssel – Abenteuer im Europaparlament
Kiepenheuer & Witsch, 427 Seiten
8/10


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