Landpartie: Holperpiste im Grenzgebiet

Als ich 1998/99 regelmäßig über die A11 nach Prenzlau gefahren bin, da war die Autobahn an vielen Stellen noch eine Großbaustelle. Der alte Beton verschwand, und dafür gab’s glatten Asphalt. Eine Stelle gibt es aber noch, und sie gilt heute als das älteste, ursprünglich erhaltene und heute schlechteste Autobahnteilstück Deutschlands. Es befindet sich zwischen dem Kreuz Uckermark und Penkun.

Auf meinem Weg nach Rügen gönnte ich mir einen Umweg: Ich wollte mir das historische Pflaster von 1935 noch mal ansehen, bevor es bald verschwinden soll.
Die Strecke übertraf alle meine Erwartungen. Nach einer Baustelle beginnt das ramponierte Teilstück. Erstaunlicherweise ist Tempo 100 erlaubt, aber nirgendwo wird man als Autofahrer dermaßen durchgeschüttelt wie auf dieser A11-Strecke. Man holpert über die Betonplatten, die allesamt so beschädigt sind, dass es nicht nur die Fugen sind, über die man da donnert. Man fährt auf der linken Seite, die rechte ist noch maroder. Im Winter, wenn es glatt ist, wird man mit Tempo 100 dort garantiert aus der Spur getragen.
Nach der Abfahrt Schmölln wird die Strecke noch schlechter, dort ist dann auch nur noch Tempo 80 erlaubt. Die Stoßdämpfer im Härtetest.
Dann aber, ganz plötzlich, nach vier bis fünf Kilometern, ist der Spuk vorbei. Bis zum Grenzübergang Pomellen ist bereits alles saniert.

Am Abzweig Penkun verlasse ich die A11. Der Zoll ist hier stark präsent. In der Abfahrt steht ein Polizeiwagen, ebenso am anderen Ende der Abfahrt, am Anschluss zur B113. Penkun ist die erste/letzte Abfahrt vor/nach dem Grenzübergang nach Polen. Es gibt keine Grenzkontrollen mehr, und offenbar soll das so was wie ein Ersatz dafür sein, dass nichts mehr kontrolliert wird.
Ich bleibe unbehelligt. Bei allen Polizeiwagen, die mir fahrender- und stehenderweise noch begegnen werden.

Ich stoppe in dem kleinen Dörflein Storkow, um mal in die Karte zu schauen. Umdrehen und zum Kreuz Uckermark zurückfahren, ist langweilig, das komme nicht infrage.
Ich entscheide mich für eine Landpartie. Die Zahlen zum Glück: B113, B104, B109, B105. Ich fahre durch Orte, von denen ich noch nie gehört habe. Wo auch. Warum auch.
Orte, jenseits von Gut und Böse. Ich vermute, dass man es echt mögen muss, dort zu wohnen. Wo fährt man hin, um einzukaufen? Was, wenn man mal eine CD kaufen will? Und was es sonst im Dorfkonsum (wenn es einen gibt), nicht zu kaufen gibt? Fährt man nach Stettin in Polen, das nur gute 15 Kilometer entfernt ist? Oder nach Löcknitz an der B104, das größer ist, als man denkt und sogar ein richtiges Zentrum mit Discountern und anderen Geschäften hat?

Wer auf der B104 unterwegs ist, die von der polnischen Grenze nach Pasewalk führt, erblickt vor jeder Ortschaft auf deutsch und polnisch die Bitte an die Lkw-Fahrer, auf die Anwohner Rücksicht zu nehmen. Scheinbar donnern die Brummis gerade nachts durch die Dörfer.
Wer zu McDonald’s will, muss in dem Gebiet übrigens auch über die polnische Grenze, der Laden ist in Linken und hat vermutlich mehr deutsche als polnische Gäste. Denn selbst in Pasewalk ist die Fastfoodkette nicht vertreten, selbst dort wird nach Polen verwiesen.

In Pasewalk geht’s auf die B109, das war früher eine der beiden östlichen Ostseerouten – die B109 von Berlin nach Usedom, die B96 eher von Berlin nach Stralsund und Rügen. Noch heute gibt es dort Gaststätten, die auf diese Ostseeroute verweisen, obwohl der Verkehr dort wahrscheinlich stark abgenommen hat, seitdem es die A20 gibt.
Das letzte Mal bin ich 2001 dort auf dem Weg nach Usedom gewesen – und steckte in Anklam in einem fürchterlichen Stau. Die Überraschung: Anklam hat eine Ortsumgehung. Fix geht es dort voran. Die Enttäuschung: Die Ortsumgehung endet einfach mittendrin. Man wird dann doch nach Anklam selbst geleitet, durch Großbaustellen und weiteren Umleitungen. Solche Ortsumgehungen kann man sich eigentlich auch sparen.


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