Vom Leben auf den Bomben

Neulich war Oranienburg mal wieder in den Schlagzeilen. Weit mehr als 300 scharfe Bombenblindgänger sollen noch unter der Erde der Stadt liegen. Das Brisante: Die Zünder werden nach 65 Jahren zunehmend porös, die Dinger könnten in die Luft fliegen.
Der rbb begann seinen Bericht in „Brandenburg aktuell“ mit den Worten, das sei der gefährlichste Ort Deutschlands. Im Bild zu sehen war der Bahnhof. Und ich wohne nur drei Minuten davon entfernt.

Das hinterlässt Spuren, und zwar mehr, als man denkt.
Mit den Bomben war ja Oranienburg schon öfter in den Schlagzeilen. Bei IA, einem der Vorgänger von TV.Berlin, fragte ein Moderator mal einen Oranienburger, ob er daran denke, wegzuziehen.
Ich fand das immer ganz lustig, denn was soll schon sein, wenn man hier lebt. Man lebt einfach damit. Und lässt sich halt evakuieren, wenn mal wieder eine Bombe entschärft wird. Passiert ist ja bisher noch nichts. Fast nichts. Einmal, vor 19 Jahren, ging in Lehnitz eine Bombe hoch, später im Lehnitzsee.

Man denkt nicht jeden Tag an die Bomben. Aber die Sorge wächst inzwischen doch. Die Sache steckt im Hinterkopf.
Neulich bin ich durch einen Donnerschlag aufgewacht. Einer meiner ersten Gedanken: Bombe? Es war ein Gewitter. Am Wochenende war im Schlosspark ein Feuerwerk. Dementsprechend wusste ich, woher der Knall immer kam. Das Wort Bombe schwebte trotzdem drüber. Oder wenn irgendwo Blitzknaller gezündet werden: Immer dieser Gedanke.
Ich weiß nicht, ob es anderen Oranienburgern ähnlich geht.
Das Problem ist, und es wird dringender: Theoretisch könnte es passieren. Irgendwo könnte es tatsächlich einen mächtigen Knall geben. Niemand weiß, wo und wann und ob überhaupt.
Klar ist aber: Die Suche nach Blindgängern, insbesondere rund um den Bahnhof, sollte bald beginnen. Und dafür muss das Know-how her. Eine systematische Suche. Geld natürlich auch. Dafür muss vielleicht auch anderswo gespart werden. Unsere Sicherheit ist wichtiger als zum Beispiel eine Gartenschau.
Denn wenn es mal knallt, dann will es keiner geahnt haben, und Beileid und auf Wiedersehen. Aber das hilft uns dann auch nicht mehr.


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Kommentare

8 Antworten zu „Vom Leben auf den Bomben“

  1. Der Bruder

    Wird denn eigentlich die Stralsunder Str. im Rahmen der jetzigen Bauarbeiten nach Bomben/Blindgänger abgesucht?

  2. RT

    Sehr gute Frage. Aber in der Regel müsste das ja während solcher Bauarbeiten passieren…

  3. Der Bruder

    gleich kommt im rbb die sendung ‚klartext‘. da gehts auch um dieses thema…

  4. RT

    Mist, verpasst. Mal sehen, obs auf der Website zu sehen ist.

  5. Der Bruder

    da hat ja der rbb richtig alte aufnahmen von oranienburg rausgesucht… neues zur sache gab´s nicht…

  6. RT

    Gibt ja – leider – auch nichts Neues, oder?

  7. Während ich in O-burg gelebt habe wurden glaube ich allein 4 Blindgänger gefunden. Einer musste gesprengt werden, wenn ich mich recht erinnere.
    Echte Angst hatte ich nicht, und ich denke ich bekäme sie auch nicht wenn ich jetzt wieder hin ziehe.
    Ob es daran liegt, dass ich den Herren vom Gefahrenmittelräumdienst und denen allen so vertraue, oder an etwas anderem, weiß ich nicht.
    Aber du hast Recht.
    Neulich, als das Ganze groß in der MAZ stand habe ich mir auch so meine Gedanken gemacht, und fragte mich wo wohl überall was liegt, und hoffe natürlich dass niemandem etwas zustößt. Es ist ein sehr schwieriges Thema. Im wahrsten Sinne „Sprengstoff“.

  8. RT

    Genauso ist es, Angst hat man unmittelbar nicht, aber ist ist irgendwie im Hinterkopf.

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